Ortsgeschichte:Wasserschloss und Liebesnest

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Im Modell: Wasserschloss Nannhofen. (Foto: Johannes Simon)

Vor 1200 Jahren wird Nannhofen erstmals urkundlich erwähnt. Eine Ausstellung in Mammendorf widmet sich der Geschichte und räumt dabei auch mit einer Legende auf.

Von Manfred Amann, Mammendorf

Ein beeindruckendes Modell vom einstigen Wasserschloss, das die Münchner Herzöge Ernst und Wilhelm III. im Jahre 1429 auf einer Insel zwischen zwei Armen der Maisach erbauen ließen, führt derzeit im Vorraum des Schützenheims in Nannhofen in eine sehenswerte Ausstellung ein. Mit vielen Fotos, Gemälden, Zeichnungen und Beschreibungen wird im Schießraum detailreich über die bewegte Geschichte des Ortes und seiner mehrmals wechselnden Herrschaften informiert. Und alles Wichtige ist eingeordnet in die jeweilige Zeitgeschichte, vom Ungarnkrieg 955 über den Dreißigjährigen Krieg und die Pest bis zu den Weltkriegen. Anlass für die Ausstellung ist die erste Erwähnung von "Naninhofa", in einer Urkunde, die vor 1200 Jahren ausgestellt wurde.

Die Urkunde mit der erste Nennung von Nannhofen vom 823. (Foto: Johannes Simon)

Am 10. April 823 vermachte der Priester Keidrich seinen Besitz in Naninhofa an die Kirche der heiligen Maria in Frisinga (Freising). Wie der Urkunde zu entnehmen ist, die der Philologe an der Akademie der Wissenschaften in München, Michael Hillen, für die Ausstellung übersetzte, schenkte der Priester damals "zur Erlangung des Seelenheils für sich und seine Familie" sein Anwesen samt Leibeigenen, Feldern, Wiesen und Wäldern an den Freisinger Bischof Hitto. Die Ausstellung, die unter Leitung von Mammendorfs Altbürgermeister Johann Thurner und mit Unterstützung von Schützenmeister und Gemeinderat Florian Simetsreiter und dessen Vater Anton, sowie Erwin Hillinger, Toni Fasching, Josef Braun, Richard Metzger und Hans Dobner zusammengestellt wurde, beginnt jedoch früher, nämlich mit einer Dokumentation über die geologische Landschaftsbildung im Zuge der Eiszeit und mit archäologischen Entdeckungen, die eine Besiedelung "im Spielberger Holz" nördlich der Maisach schon in der Bronzezeit (2200 bis 800 vor Christus) belegen.

Im Schützenheim findet die Ausstellung "1200 Jahre Nannhofen - einst und jetzt" statt. (Foto: Johannes Simon)

"Franz Xaver Therer, Geistlicher Rat, Pfarrer und Dechant (mit Führungsaufgaben) in Mammendorf, ließ 1791 fünf dieser Grabhügel öffnen und fertigte Aufzeichnungen über die Grabungsschnitte und über die Funde an, die aber leider nicht auffindbar sind", sagte Thurner bei der Eröffnung der Ausstellung, der auch Andreas Knipping, der Vorsitzende des Historischen Vereins für die Stadt und den Landkreis Fürstenfeldbruck beiwohnte, der das Vorhaben unterstützte. Wie Keidrichs Anwesen vor 1200 Jahre ausgesehen haben mag oder ob die Annahme mancher Historiker zutrifft, dass zuvor eine Edler "Nano" dort eine Burg errichtet hatte, lässt sich nicht belegen. Besonders herausgearbeitet haben die Organisatoren der Ausstellung die Zeit, in der Nannhofen im Besitz des Adels war. Eine Urkunde von 1305 bezeugt, dass ein "Wernhart von Nannhofen" dem "Ritter Ott, dem Eisenhofer", den Nannhof, den Sedel, den Lungerhof, den Weiher, die Mühle, die Vogtei und das Dorfgericht für 100 Pfennige verkaufte. Ritter Ott wiederum, der sich nun als erster nach dem neuen Stammsitz Nannhofen benannte, vererbte Mitte des 14. Jahrhunderts den Besitz an den Sohn des Marschalls von Bergkirchen. Im Jahre 1403 erwarb der Wittelsbacher Herzog Ludwig VII., der Gebartete, das Schloss und baute es zu einer Festung aus, um es als Station für einen Angriff auf München nutzen zu können.

Nannhofen in einer alten Ansicht (Foto: privat/oh)

Ludwig VII. stritt, wie schon sein Vater, die Erbteilung von 1392 an, in der ihnen Bayern-Ingolstadt zugesprochen worden war. Er wollte auch über Bayern-München herrschen, das von seinen Vettern Ernst und Wilhelm III. regiert wurde. Bevor es nach einem Vorstoß Ludwigs zur Eroberung von Bayern-München 1422 zur Schlacht bei Hoflach/Alling kam, die der Ingolstädter verlor, wurde die Festung von den Münchnern zerstört. Danach wurde ein Wasserschloss errichtet, das 1752 dem Schlossbau weichen musste, der heute noch existiert.

Ein Trakehner-Gestüt entsteht

"Dass sich im Wasserschloss Herzog Albrecht III. und die nicht ebenbürtige Augsburger Baderstochter Agnes Bernauer manchmal trafen, die Albrechts Vater Ernst in Straubing in der Donau ertränken ließ, ist wohl eher eine Legende", befand Thurner. Nach verschiedenen Besitzern, darunter auch Herzog Sigmund von Blutenburg und Grünwald und die Edlen von Elsenheim, gelangte das stets als Hofmark geführte Nannhofen an die Freiherren von Ruffini und später an die Barone von Lotzbeck, die bis 2007 dort residierten. Nach dem Tod der Medizinerin Gertrud Freiin von Lotzbeck, die ein Trakehner-Gestüt aufbaute, folgte Ferdinand Graf von Spreti als Erbe nach.

In der Ausstellung sind die Stammbäume und die verwandtschaftlichen Beziehungen der Adelsgeschlechter aufgearbeitet. Ebenso findet man Wissenswertes über die neuere Zeit, als Nannhofen eigenständige Gemeinde war, nach der sogar der Bahnhof benannt war, bis die Eingemeindung nach Mammendorf kam. "Dass wir den Bahnhof in Mammendorf umbenennen ließen, verzeihen uns die Nannhofener nie", merkte Thurner dazu scherzhaft an. In der Ausstellung erfährt man auch, dass am 5. März 1901 Räuber Kneißl dort in einen Zug nach München verbracht wurde, wo er bis zu seiner Hinrichtung in einer Klinik genesen sollte. Außerdem zeugen Bilder von dem verheerenden Unglück, bei dem 1917ein D-Zug auf dem Bahnhof in einen rangierenden Eilgüterzug raste und dabei 30 Menschen zu Tode kamen und 80 Personen schwer verletzt wurden.

Auch an das Zugunglück von 1917 wird erinnert. (Foto: privat/oh)

Das Schloss wurde im deutsch-französischen Krieg 1870/71 und in den beiden Weltkriegen als Lazarett genutzt und war von 1947 an bis in die Sechzigerjahre ein "Hilfs-Kreiskrankenhaus". Mit Fotos und Texten wird auch an ehrwürdige Nannhofener Bürger wie den langjährigen Bürgermeister des Ortes, Josef Böck, erinnert, der 1999 zum Ehrenbürger der Gemeinde Mammendorf ernannt worden war.

Gemeinderat Toni Simetsreiter erklärt die historische Urkunde. (Foto: Johannes Simon/Johannes Simon)

Die Ausstellung im Schützenheim Nannhofen, Schloßbergstraße 11, ist noch kommendes Wochenende, 3./4. Juni, jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

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