Mammendorf:Fünf Sekunden berühmt

Bahnhof Nannhofen

Eine der schlimmsten Eisenbahnkatastrophen Deutschlands ereignete sich 1917 im Bahnhof Nannhofen. Es kamen 30 Menschen ums Leben.

(Foto: Sammlung Archiv Mammendorf)

Ausstellung zur Geschichte des Bahnhofes Mammendorf

Von Peter Bierl, Mammendorf

Der Name des Bahnhofs war jahrzehntelang umstritten. Die Station wurde nach Nannhofen benannt, weil der Ortsteil näher lag. Der Gemeinderat von Mammendorf intervenierte erstmals anno 1910, aber auch später stets vergeblich. Erst 2005 erklärte sich die Bahn AG bereit, den S-Bahnhof umzutaufen. An diesem Wochenende rückt nun der Bahnhof Mammendorf in den Mittelpunkt, wenn sich eine Ausstellung mit der 175-jährigen Geschichte der Eisenbahnstrecke München-Augsburg befasst.

Der Bahnhof Nannhofen wurden 1969 für ein paar Tage sogar umgetauft. "Camposampiero" stand auf einem Schild, weil für die Dreharbeiten der britische Filmkomödie "Hannibal Brooks" ein italienischer Bahnhof gebraucht wurde. Der Streifen handelt von einem kriegsgefangenen britischen Offizier, der in München im Zoo arbeiten muss. Als der evakuiert wird und die Tiere nach Innsbruck gebracht werden, gelingt dem Offizier die Flucht in die Schweiz, zusammen mit einem Elefanten. Gedreht wurde im Altmühltal, auf dem Gelände des früheren KZ-Außenlagers in Ludwigsfeld sowie drei Tage lang auf dem Mammendorfer Bahnhof, der eine italienische Stazione darstellen sollte. Das Drehbuch sah vor, dass der Brite den Deutschen in Italien in die Hände fallen sollte.

Aus drei Drehtagen wurden schließlich fünf Sekunden für die Leinwand, eine stark unterbelichtete Szene, aber man erkenne die Güterschuppen, erzählt Holger Riedel. Es ist eine der vielen Geschichten, die er und Dirk Lindauer entdeckt haben, als sie über den Bahnhof recherchierten. Die Ergebnisse haben die beiden Modelleisenbahner zu einer Ausstellung verarbeitet, die am Wochenende in der Aula der Mittelschule von Mammendorf gezeigt wird. In der Turnhalle nebenan baut der Freundeskreis Europäischer Modelleisenbahner (Fremo) mehrere große Bahnen mit bis zu einem Dutzend Bahnhöfen auf und zeigt den Besuchern einen realistischen Fahrbetrieb.

In der Ausstellung geht es um die Geschichte und den Betrieb des Bahnhofes. In den Anfangsjahren waren entlang der Strecke alle zwei Kilometer in Sichtweite sogenannte Streckenwärter postiert. Sie meldeten, anfangs mit optischen Signalen, sobald ein Zug in München oder Augsburg abgefahren war. Bei Nebel mussten die Bahnwärter zum nächsten Kollegen laufen. Deutlich einfacher wurde die Arbeit, als Telegrafen eingesetzt wurden. Jeder Streckenwärter wohnte in einem Häuschen direkt am Bahndamm, mit großem Garten und Stall, in dem eine Ziege, die "Eisenbahnerkuh", stand. Die Männer waren obendrein für die Schranken an Bahnübergängen sowie den Streckenunterhalt zuständig.

Die Posten waren bis zum Ersten Weltkrieg in Betrieb, heute ist von den fünf Häusern auf Mammendorfer Flur nichts übrig geblieben. Riedel und Lindauer haben ihre Lage und Geschichte anhand von Akten rekonstruiert und erinnern an diese Bahnwärter ebenso wie an das Unglück von 1917, als zwei Züge in Mammendorf zusammenstießen und 30 Menschen starben. Es ist einer der größten Unfälle in der deutschen Eisenbahngeschichte. Eine Mitschuld trug die bayerische Regierung, die aus Sparsamkeit darauf verzichtet hatte, eine neue Signaltechnik einzuführen.

Die Ausstellung besteht Fotos und kurzen Texttafeln, erinnert wird an Gleisausbauten, Lokomotiv-Typen und Geschwindigkeitsrekorde auf der Strecke. Einige Bilder zeigen das Personal der Station, sowie die Streckenarbeiter. Darunter ist ein Exponat aus den Dreißigerjahren, auf dem vier Herren mit Hitlerbärtchen, Lederhosen und Dienstmützen posieren. Die Strecke ist noch eingleisig, der Bahnhof von Wein umrankt. Auf einer Luftaufnahmen von 1916 erkennt man, dass das Gelände rund um den Bahnhof praktisch unbebaut war und die Maisach noch frei fließen konnte. Heute ist alles verbaut und die Lärmschutzwände verstellen den Zugreisenden den Blick auf die Landschaft.

Die Ausstellung 175 Jahre Bahnhof Nannhofen, Mittelschule Mammendorf, Michael-Aumüller-Straße 31, ist am Samstag von 11 bis 17 Uhr und am Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

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