Mammendorf:Avatare, Saatkrähen und ein alternder Tennisstar

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Die Luttenwanger machen sich keine Sorgen, denn bei Blackout macht der Hamster im Rad den Strom an. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Mammendorfer Faschingszug zeigt sich besonders kreativ und nimmt Aktuelles aufs Korn. In die Mottowagen haben die Burschenvereine viel Arbeit gesteckt.

Von Manfred Amann, Mammendorf

Schon kurz nach Mittag lockt das frühlingshafte Wetter am Faschingsdienstag Hunderte Maskierte in Mammendorf auf die Straße und zu den Buden, in denen Würstl, Krapfen und Getränke angeboten werden. Als sich die "Jim Knopf-Lokomotive" an der Spitze des Faschingszuges in Bewegung setzt, aus der Bürgermeister Josef Heckl und die Organisatoren Bonbons werfen, herrscht im Dorfzentrum bereits ausgelassene Stimmung. 25 von riesigen Traktoren gezogene oder auf Schwerlastern aufwändig gestaltete Fuhrwerke reihen sich ein und bringen mit ihren kreativen Anspielungen und rhythmischer Partymusik, die aus großen Lautsprechern dröhnen, den Dorfkern zum Beben und die Zuschauer in Laune.

Manche halten sich zwar die Ohren zu, wenn es zu laut wird, doch die Feierlust wird dadurch nicht getrübt. Etwa zehn Fußgruppen sind dabei, die mit einer Vielzahl von Hexen, Cowboys, Schlümpfen, Erdbeeren, Biene Mayas oder Zebras die Bundesstraße entlang ziehen, um sich den rund 4000 Zuschauern zu präsentieren, wie ein Feuerwehrmann vom Sicherungszug schätzt. Besonders bejubelt wurde die künstlerische anmutende Figur des Vogels "Toruk", der von "Avataren" um Gemeinderat Josef Reindl mitgeführt wurde. "Wir kommen dem Faschingszug in Olching schon sehr nahe", stellte Anton Fasching freudig fest, ohne von Konkurrenz zu sprechen. Eine Gruppe aus Feldgeding im Landkreis Dachau habe ihm verraten, lieber nach Mammendorf zu kommen als nach Olching, denn hier sei "alles offener und schöner". "Nach Corona wollen die Leute wieder ungezwungen feiern, dies ist wohl mit ein Grund für die Rekordbeteiligung beim Narrenzug und auch für den Zuschauerandrang", fand der Kulturreferent der Gemeinde.

Bürgermeister Kosef Heckl und Organisator Anton Fasching führen den Mammendorfer Faschingszug an. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Von einem Bonbon- oder Kamelle-Mangel war nichts zu spüren, so dass Kinder und auch Erwachsene ihre Jute-Beutel gut füllen konnten. Die großen Motivwagen mit persiflierenden Aufbauten hatten hauptsächlich die Burschenvereine aus den Gemeinden aufgefahren, die der Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf angehören. Jugendliche aus Landsberied bedauerten im Skifahrer-Look in einer Après-Ski Hütte und mit Sprüchen wie "Weil der Klimawandel kickt, werden wir vom Berg geschickt", dass der einzige Schlepplift im Landkreis wegen Schneemangels nicht mehr zum Einsatz kommt. Lieber Après-Ski feierten auch 61 Kottgeiseringer "statt Energie für das Beschneien zu verschwenden". Keine Sorgen um den Blackout macht sich offensichtlich Luttenwang, denn wie ein Hamster in einem großen Laufrad vorführte "Keine Kohle, kein Atom, dann macht unser Hamster Strom". "Auf der Welt Geht's zua wia im wilden Westen", fanden die Cowboys und Indianer aus Adelshofen, die in der "Puder-Rosa-Ranch" feierten. Hattenhofener benahmen sich als Jäger verkleidet wie angeblich die Grünröcke, die in den Jagd-Parcours Oberbayern "nur zum Ballern" kommen. Das "Saatkrähenfiasko" nahm sich die Mammendorfer Jugend vor und riet zum Abschießen. Seit Weihnachten hatten 60 BV-Mitglieder an ihrem Wagen gebastelt, wie ihr Vorsitzender Florian Zacherl erzählte.

Der Fantasievogel Toruk wird von Avataren begleitet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Gegen ihren Kommandanten lästerten Freiwillige der Feuerwehr, weil dieser lieber telefoniere, statt persönlichen Kontakt zu suchen. Eine andere Feuerwehrgruppe schoss gegen die Kirchenstiftung, weil in St. Nikolaus kein Gottesdienst mehr stattfinde, um Heizkosten zu sparen. Gegen den "Altenclub Vatikan" wurde gelästert, der den Kindermissbrauch zu vertuschen versuche und gegen Frauenrechte eingestellt sei. Ein Spielcasino als Reichen-Treff wurde aufgefahren, und auch das "Bobbele" (Ex-Tennisstar Boris Becker) wurde durch den Kakao gezogen, für den ein Promi-Gefängnis bereitstehe. Mit dabei war wieder die Live-Kapelle "Schwache Blosn", die auf einem Anhänger mit bayerischer Musik gegen die Partydröhnung anspielte. Erstmals hatte der Faschingszug eine Maschinenhalle von Landwirt Neheider zum Ziel, so dass es auf der B2 keinen Gegenverkehr gab. An der Halle ließen Teilnehmer und Besucher gemeinsam den Fasching in fröhlicher Runde ausklingen.

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