Mammendorf:Appell zur Rücksichtnahme

Lesezeit: 2 min

Experten erklären, wie sich Jäger und Hundebesitzer aus dem Weg gehen können

Von Manfred Amann, Mammendorf

Wenn ein Hund einmal die Fährte eines Wildtieres aufgenommen und zur Jagd angesetzt hat, lässt er sich kaum noch aufhalten. Der Angriff auf ein Objekt, das der Hund für jagbar hält, ist nicht mehr zu stoppen - egal ob es sich um ein Tier oder ein Kind handelt. Das erklärte ein Experte bei einem Informationsabend der Jagdkreisgruppe in Mammendorf. Auf Anregung von Hundeausbilderin Martina Wieland sollte über die Auswirkungen von Freizeitaktivitäten auf Wildtiere und über die Rechtslage aufgeklärt werden.

Auslöser war, dass Anfang des Jahres ein Jäger bei Geiselbullach einen wildernden Hund erschossen hat. Das ließ die Emotionen hochkochen. Tier-Verhaltensforscher Udo Ganslosser riet Hundehaltern, ihre Vierbeiner in Wald und Flur frühzeitig an die Leine zu nehmen. Sprüche wie "mein Hund tut das nicht" oder "der will doch nur spielen" sollten Hundebesitzer vergessen. Wenn ein Hund ins Jagdfieber gerate, helfe alles Pfeifen und Rufen nichts. Alle Sinne seien dann blockiert.

Wildtiere, ganz besonders Rehe, gerieten extrem in Stress, wenn sich ein Mensch oder ein Hund nähere, erklärte Ganslosser. Das habe man am Anstieg des Cortisols im Blut nachweisen können. Veränderungen im Fress- und Ruheverhalten, hohe Anspannung über längere Zeit und zu wenig Erholung seien die Folge. Das könne zu Krankheitsanfälligkeit und sogar Störungen in der Fortpflanzungsfähigkeit führen. Schon laute Stimmen, Hundegebell, schnelle Jogger, Reiter oder quer durch Wälder und Wiesen fahrende Mountainbiker brächten Wildtiere in extreme Anspannung, von der sie sich nach Abklingen der vermeintlichen Gefahr oft erst in einer Stunde erholten würden. An Bewegungen auf festen Wegen indes gewöhnten sich die Tiere durchaus.

Doch auch hier dürften Hunde nicht außer Reichweite geraten. Rechtlich betrachtet dürften Menschen mit und ohne Hund, joggend oder mit dem Fahrrad, die befestigten Wald- und Feldwege ohnehin nicht verlassen, um den Lebensraum von Wildtieren nicht einzuengen, erklärte Rechtsanwalt Peter Greeske, der für den bayerischen Jagdverband als Justitiar tätig ist. In Bayern gelte zwar ein "Betretungsrecht für jedermann". Dieses werde jedoch durch das Eigentumsrecht von Waldbauern und Jagdpächtern sowie durch den Wildschutz eingeschränkt. Hunde in der freien Natur laufen zu lassen, sei unverantwortlich. Wenn ein Jäger einen wildernden Hund erkenne, sei dessen Abschuss rechtens, auch wenn die Verhältnismäßigkeit der Mittel ein Maßstab sein müsse.

"Aber Hunde müssen sich doch auslaufen können", sagte der Presse-Obmann der Kreisgruppe, Michael Pöllmann, der die Aussprache moderierte. Hundehalter sollten sich in ihren Kommunen für das Anlegen von Hundewiesen einsetzen oder ihre Vierbeiner zum Austoben auf das Gelände von Hundevereinen bringen, schlug Jurist Greeske vor. Eine Hundehalterin fragt, ob man das Gespräch mit den Jagdpächtern suchen sollte, damit diese den Terrier-Dackel im Fall des Streunens erkennen und nicht erschießen. "Jeder Dialog sei wünschenswert", so Greeske. Die Rechtslage ändere sich deshalb aber nicht.

Im Grunde war alles, was die Experten zum Widerstreit zwischen Jägern und Waldbesitzern auf der einen Seite und Freizeitaktiven auf der anderen sagten, als Appell zur Rücksichtnahme zu verstehen. Etwa 250 Interessierte, davon etwa je ein Drittel Jäger und Hundehalter, waren der Einladung der Kreisjäger ins Mammendorfer Bürgerhaus gefolgt. "Dass unser Angebot so gut angenommen wird, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind", sagte der Kreisvorsitzende des Jagdverbands, Gerhard von Hößlin. Auf den Einwand hin, es seien vor allem diejenigen gekommen, die an der Lösung der Problematik interessiert seien, plädierte von Hößlin an die Besucher, ihre Erkenntnisse im Bekanntenkreis weiterzugeben.

© SZ vom 01.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: