Besuch auf dem Bauernhof:Bio rechnet sich

Hühner

Neugieriges Federvieh: Die Hühner auf dem Hirschvogel-Hof spazieren auch bei Regen draußen herum - und picken gerne an Schuhbändern.

(Foto: Günther Reger)

Auf ihrer Sommertour durch Bayern besichtigen die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Sepp Dürr und Gisela Sengl zwei Höfe bei Maisach und Esting. Dort zeigt sich, dass ökologische Landwirtschaft und Tierhaltung gleichermaßen modern wie rentabel sein können

Von Stefan Salger, Maisach/Olching

Wenn Aktivisten heimlich in riesigen Hühner- oder Schweineställen filmen, sind oft tote oder qualvoll dahinvegetierende Tiere zu sehen. Industrielle Massentierhaltung gilt als Wegbereiter für niedrige Fleisch- und Eierpreise. Betritt man den Stall von Georg Hirschvogel vor den Toren Maisachs, dann betritt man eine Welt fernab von Skandalen wie jenem um das Unternehmen Bayern-Ei. Gut genährte und ganz offenbar kerngesunde Hühner sind zutraulich und neugierig, haben ein volles Federkleid, intakte Schnäbel und können übers Freigelände laufen. Etwa 3000 Tiere leben hier seit Januar. Und der Betrieb scheint auch den Beweis anzutreten, dass Verbraucher bereit sind, etwas höhere Preise für Qualität und artgerechte Tierhaltung zu zahlen.

Die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Sepp Dürr und Gisela Sengl sind als Auftakt zu einer "Biohof-Sommertour" durch Bayern zu Besuch. Sie sehen sich bestätigt in der Überzeugung, dass sich die ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft in Bayern rechnet und dass eine Umstellung manchen Betrieb vor der Schließung bewahren kann. Sie wollen Antworten finden auf die Frage, warum der Ökolandbau in Bayern bei sieben Prozent liegt, während er in Teilen Österreichs bereits die 50-Prozent-Marke erreicht hat. Und warum der Freistaat bei der Produktion von Biowaren nicht mit der Nachfrage Schritt halten kann und deshalb Tonne um Tonne importieren muss - so auch bei Milch und Schweinefleisch. Eine eher extensive Landwirtschaft sei "für die CSU immer noch ein Nischenprodukt", schimpft der 61 Jahre alte Germeringer Biobauer Dürr. Auch der Bayerische Bauernverband bekomme beim Wort "Bio noch einen Allergieschock", ergänzt die agrarpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion. Begleitet werden beide von Grünen-Mitgliedern aus dem Landkreis sowie von Naturland-Chef Hubert Heigl und Josef Wetzstein, dem Vorsitzenden der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ). Die kennen viele der gut 7300 Höfe in Bayern, auf denen nach ökologischen Grundsätzen gearbeitet wird. Einerseits freuen sie sich darüber, dass im ersten Quartal 2015 etwa 600 bayerische Bauern auf Öko umgestellt haben. Anderseits sehen sie immer noch ein riesiges Potenzial und plädieren dafür Pflanzen und Tieren ein Mindestmaß an Fläche zuzugestehen.

Los geht es auf dem Hof des Maisacher Landwirts Josef Huber, der bereits vor vielen Jahren die Bullenmast aufgegeben hat, auf 75 Hektar Pflanzenbau betreibt, seit 20 Jahren den Regionalvermarkter Brucker Land beliefert und vor acht Jahren ganz auf Bio umgestellt hat. Dass Bio sehr modern daherkommen kann, ist ebenfalls auf dem Hühnerhof von Georg Hirschvogel zu sehen. Der hat erst Elektriker gelernt und dann umgesattelt auf Landwirt. Anfangs war der Schwiegervater nicht allzu begeistert über die Pläne des 26-Jährigen, der aus der Nebenerwerbslandwirtschaft einen leistungsfähigen und rentablen Biobetrieb machen und viel Geld investieren wollte. Zwei Jahre dauerte der teils juristisch geführte Kampf um alle Genehmigungen für die große Halle, die ein paar Hundert Meter vom westlichen Ortsrand Maisachs entfernt liegt. Einige Anwohner hätten ihm das Leben schwer gemacht, weil sie Angst gehabt hätten vor Geruch oder Lärm. Auch der Bürgermeister habe ihn nicht gerade unterstützt. Die Bedenken freilich erwiesen sich dann als ziemlich haltlos. Zu riechen oder zu hören ist nichts rund um die Halle, in der Stall, Lager, Werkstatt und Landmaschinen zur Bewirtschaftung der Felder befinden, auf denen unter anderem Kartoffeln, Zwiebeln, Speisemais und Soja angebaut werden. Eine Fotovoltaikanlage liefert den Strom für die Beleuchtung. Im angeschlossenen Hofladen mit Selbstbedienung kosten zehn Eier drei Euro und damit nach Gisela Sengls Einschätzung eigentlich weniger als für solche Ware üblich. Das Gros der täglich etwa 2700 Eier nehmen Vermarkter wie Unser Land ab. Hirschvogel ist zufrieden und augenscheinlich auch stolz auf seinen Betrieb. Dank moderner Anlagen und Geräte schafft er es, den Hof gemeinsam mit seiner Frau Katharina zu bewirtschaften, lediglich in Spitzenzeiten helfen ein paar Saisonkräfte auf den Feldern mit. Und weil in Bayern immer noch jedes zweite Bio-Ei importiert werden muss, sind seine Aussichten gut.

Viel mehr Erfahrung mit der ökologischen Produktion hat Andreas Hatzl gesammelt. Der Hof in Esting wurde bereits 1998 auf Bio umgestellt und hat sich mittlerweile auf Kartoffeln spezialisiert. Längst aufgegeben wurde die Bullenmast. Die riesigen Traktoren und modernen Gebäude und Hallen belegen, dass das Geschäft gut läuft. Und der 44 Jahre alte Chef macht auch gar keinen Hehl daraus, dass er rundherum zufrieden ist. Eine bürokratische Mehrbelastung haben ihm allerdings die neuen Vorschriften beschert, die die Einhaltung von Arbeitszeiten und Löhnen sichern sollen. Der Mindestlohn stelle gar kein Problem da, so Hatzl, wohl aber die eher realitätsfernen Regelungen. Die gelten auch in der Hochsaison und auch für Saisonarbeiter. Bislang wurde bei schönem Wetter lange gearbeitet und bei Regen eher pausiert. Sepp Dürr räumte ein, dass man für Saisonarbeiter wohl Ausnahmeregelungen entwickeln müsse.

200 Hektar werden von Hatzl bewirtschaftet, auf einem Drittel davon werden unter Einhaltung der Fruchtfolge Kartoffeln angebaut, zusätzlich Soja, Dinkel, das Getreide Triticale oder Roggen und Kleegras. Das Kleegras wandert zunächst in eine externe Biogasanlage, kommt in kompakter Form später aber wieder als Dünger zurück. Jährlich werden etwa 1500 Tonnen eigene Kartoffeln verpackt sowie etwa die gleiche Menge, die von anderen Landwirten zugekauft wird. Hatzl-Biokartoffeln landen dann als Bioland- oder Brucker-Land-Produkte meist in den Regalen von Rewe, Tengelmann oder Biosupermärkten sowie Naturkostläden. Ein kleiner Teil wird im Hofladen für Kilopreise zwischen 1,20 und 1,50 Euro verkauft.

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