Süddeutsche Zeitung

Maisach:Zum Doktor ins Gewerbegebiet

Nach dem Vorbild des Germeringer "Germedicum" soll in Maisach ein neues Zentrum mit Facharztpraxen entstehen

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Die Zahlen sprechen eigentlich dagegen, dennoch werden in Maisach nun Pläne für ein Ärztehaus im Gewerbegebiet am Strasserwinkel konsequent weiterverfolgt. Nach der Vorstellung des Projekts nach dem Vorbild des "Germedicum" in Germering wird den Investoren nun für ein Jahr das Grundstück reserviert. Bis dahin wollen die Projektbetreiber Fachärzte aus Maisach überzeugen, in das Ärztehaus zu ziehen, und in anderen Kommunen Fachärzte abzuwerben versuchen.

Eine neue Qualität der fachärztlichen Versorgung und kurze Wege für die Patienten verspricht Klaus Ebert den Maisachern im neuen Ärztehaus. Der Ärzteberater hat das Germeringer Germedicum mitgeplant, und sein erster Entwurf für das Grundstück am Strasserwinkel ähnelt dem Germeringer Vorbild. In drei Stockwerken will Ebert Praxen unterbringen und stellt sich als "Frequenzbringer" im Erdgeschoss einen Drogeriemarkt vor. Der ziehe Kunden und Patienten an, der wäre seiner Meinung nach wichtig, da wünscht sich Ebert, dass der Gemeinderat "keine Einschränkung" macht.

Hinter verschlossenen Türen ist das Ärztehausprojekt offenbar bereits besprochen worden, und es ist ein Vorhaben, das Bürgermeister Hans Seidl (CSU) wichtig erscheint, auch wenn er nicht alle Forderungen des Investors erfüllen möchte. Das Grundstück, das eigentlich für eine Mehrzweckhalle der Gemeinde vorgesehen ist, könne für zwölf Monate reserviert werden, meinte Seidl bei der Vorstellung der Pläne im Gemeinderat, aber einen Drogeriemarkt könne er sich dort nicht vorstellen. Auch im Gemeinderat ist man der Meinung, dass die Geschäfte und insbesondere der Drogeriemarkt geschützt werden sollten. Seidl meint, es sei eine "enorme Chance" für Maisach: "Der Markt ist im Umbruch, wir müssen die Konzentrationsvoraussetzungen schaffen."

Wie Ärzte nach Maisach gelockt werden könnten, darüber weiß Richard Fiedler von der Kassenärztlichen Vereinigung Bescheid. Zunächst müsse ein "alter Arzt gehen, damit ein neuer kommen kann". Überdies sei die Sperre ab 110 Prozent Versorgungsgrad zu beachten. Die Beschränkung gilt nach den von Ebert vorgelegten Zahlen für Frauenärzte, Augenärzte, orthopädische Chirurgen, Hautärzte und Nervenärzte. Fiedler kann sich vorstellen, dass "Filialärzte" ins Ärztehaus einziehen könnten und würde dafür selbst in München werben.

Das Vorhaben könnte im Gemeinderat, der über die Pläne und eine notwendige Änderung des geltenden Bebauungsplanes befinden muss, eine Mehrheit bekommen. In der Abstimmung über die Reservierung des Grundstücks als ersten Schritt stimmte die Grünen-Fraktion dagegen. Sie ist gegen den Standort im Gewerbegebiet und hätte sich einen anderen gewünscht. Seidl erläuterte, dass die Grundstücke im Zentrum von Maisach zu teuer seien und sich das Projekt dadurch nicht wirtschaftlich umsetzen lassen würde. Die stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende Christa Turini-Huber warb ebenso wie ihre Fraktionskollegin Evi Huttenloher und Roland Müller für die Ärztehauspläne, wobei Huttenloher die gute Busanbindung aus Maisach und Gernlinden hervorhob.

Von den Gemeinderäten erwartet Ärzteberater Ebert noch mehr Unterstützung. Insbesondere wenn es darum geht, Ärzte zu finden und zu bewegen, die umzugswillig sein könnten. Er selbst sei schon auf der Suche nach Medizinern, die in den kommenden Jahren eine Praxisfiliale eröffnen wollen: "Jeder soll seinen Arzt in Fürstenfeldbruck, Olching und Gröbenzell motivieren, sich für dieses Projekt zu interessieren."

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SZ vom 14.07.2021
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