Maisach:Vom Beruf zur Berufung

Andrea Wieland

Andrea Wieland aus Maisach hat 20 Jahre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gemacht.

(Foto: Wolfgang Zwanzger/oh)

Andrea Wieland war viele Jahre Kliniksprecherin in Fürstenfeldbruck und ist nun als freie Texterin tätig

Von Manon Harenberg, Maisach

Sie hatte einen sicheren Job, konnte in ihrer Position so einiges bewirken und ihre Leidenschaft fürs Schreiben zum Beruf machen. Und doch fühlte Andrea Wieland den inneren Drang, nach 20 Jahren einen beruflichen Neuanfang zu wagen. Sieben Jahre hat der Prozess gedauert, bis die heute 55-Jährige den Mut fasste, sich auf das Unbekannte und Neue einzulassen. Sie sei in den Prozess hineingewachsen, sagt sie über sich selbst. Nun hat Wieland auf ihre "innere Stimme" gehört, ist selbständig und führt ihre eigene Agentur für PR- und Öffentlichkeitsarbeit in Maisach.

"Ich habe verstanden, dass ich es bin, die mein Leben gestalten kann", sagt die freiberufliche Texterin. Wenn Wieland darüber spricht, beschreibt sie ihren neu erlangten Zustand als "innere Freiheit". Im Oktober gründete sie das "Schreibatelier". "Ich habe das Gefühl, dass seither jeden Tag etwas neues passiert", sagt sie. "Das Schöne für mich ist, dass ich die Box-Arbeit verlassen habe. In diese Box wächst man anfangs rein, aber irgendwann wird die einfach zu eng. Und meine Box ist auf Dauer zu eng geworden, weil ich mich weiterentwickelt habe." Als sie das Klinikum verließ, habe sie sich über zwei Jahre wie eine Wahnsinnige der Malerei gewidmet. Bis vier Uhr frühmorgens habe sie Seelenbilder gemalt. "Ich habe mich fast selbst nicht mehr wiedererkannt." Entstanden sind unzählige Bilder mit vielen Farben, Formen und Symbolen, die sie nun auch verkauft. Als der Zeitpunkt für den Neuanfang gekommen war, stellte sie sich die Frage, was ihr am meisten Spaß macht. Ganz klar das Schreiben: "Die PR-Arbeit, das Schreiben für andere und das Gefühl, andere mit meinen Texten unterstützen zu können, genau da spüre ich meine Leidenschaft", sagt sie.

Schon im Alter von zwölf Jahren hat sie begonnen, regelmäßig Texte zu schreiben - damals noch Tagebuch - und das ganz klassisch, mit Füller. Ihre Sammlung an Tagebüchern wächst und wächst, und das Schreiben begleitet sie bis heute. "Der Dialog mit sich selbst, der Gedanken und Gefühle hervorbringt, ist was ganz Besonderes. Mein Inneres fließt über meine Schreibhand aufs Papier", sagt Wieland.

Beruflich musste sie erst zum Schreiben finden. In ihren frühen Zwanzigern macht sie eine Ausbildung zur Beamtin, arbeitet dann in der Personalabrechnung, bis sich der Wunsch nach Größerem in ihr breit macht. "Damals habe ich mich gefragt, was denn Schreckliches passieren könnte. Wenn man es nicht schafft, ist das Einzige, was darunter leidet, das eigene Ego, sonst nichts". Wieland kündigt. Sie holt ihr Abitur nach, studiert Betriebswirtschaftslehre und legt eine Musterkarriere hin. Vier Jahre ist sie Personalleiterin im Klinikum Fürstenfeldbruck und im Seniorenheim Jesenwang, bis eine Stabstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geschaffen wird. "Eine strukturierte Öffentlichkeitsarbeit im Gesundheitswesen, das war damals revolutionär", sagt Wieland. In den 20 Jahren ihrer Zeit im Klinikum baut sie diesen Bereich auf, führt eine Kinderbetreuung ein und ist federführend für die Herausgabe der Patientenzeitschrift "Visavis" zuständig, der sie ihre eigene Handschrift verleihen kann. Fachartikel, Interviews, Reportagen und Webseiten gehören zu ihren Aufgaben. Ihre damalige Arbeit bezeichnet sie als "Dienen auf Augenhöhe". "Ich habe mein Talent und meine Fähigkeiten zur Verfügung gestellt und konnte dadurch etwas bewirken", sagt sie. Gleichzeitig bildet sie sich per Fernstudium im Bereich Journalismus und als Autorin für Kinder- und Jugendbücher weiter.

Heute hat sie das Privileg, sich ihren Arbeitstag selbst frei einteilen zu können. "Ich gönne mir jetzt auch meine Pausenzeiten", sagt sie. Eine ganz eigene Routine hat sie dabei auch schon entwickelt. Der Sonntag ist ihr heiliger Tag, an dem nicht gearbeitet wird.

Das Wohnzimmer ihrer Zweizimmerwohnung dient nun auch als Sportstudio, eine Fitnessmatte liegt auf dem Boden bereit. Jeden Morgen startet sie mit einer Runde Yoga in den Tag. "So kann man am besten den Tag mit einem Lächeln willkommen heiße." Mit einer Tasse Tee geht es im Anschluss an die Arbeit. In einem Kalender notiert sie sich täglich die Aufgaben, die zu erledigen sind. "Meine To-dos plane ich immer in überschaubaren Portionen", sagt Wieland. Sie schaut auf ihre Aufgabenliste. Heute wird sie sich der Gestaltung von Blogartikeln widmen.

Als Schreibtisch hält gerade noch ein runder Tisch her, der ursprünglich als Esstisch gedacht war. Von ihrem nächsten Auftrag wird ein großer Schreibtisch gekauft. Das nimmt sie sich fest vor. "Nach Feng Shui mag der runde Tisch vielleicht optimal sein, meinem Rücken ist Feng Shui aber egal."

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