Hellgrüne Regenschirme am Straßenrand zwischen Maisach und Überacker lenken den Blick an diesem sonnigen Nachmittag auf sich. Getragen werden sie von einer Handvoll Menschen in farblich passenden T-Shirts. Das kleine Grüppchen hält auch grüne Blätter in die Höhe. Darauf steht: "Politik! Lass uns nicht im Regen stehen!" Anlass für diese kleine Demonstration mit vielleicht einem halben Dutzend Teilnehmer ist der Besuch der Landtagsabgeordneten Gabriele Triebel (Grüne) bei den Tierfreunden Brucker Land. Deren Domizil, das bald aus allen Nähten zu platzen droht, ist auf der gegenüberliegenden Straßenseite; es ist das ehemalige Wasserwerk von Überacker.
Triebel, die in Landsberg am Lech wohnt und Abgeordnete für den Stimmkreis Fürstenfeldbruck-West ist, hatte den Verein bereits vor zwei Jahren besucht. Nun will die Politikerin mit eigenen Augen sehen, was sich seither getan hat; mit dabei sind einige überwiegend weibliche Parteifreundinnen, etwa die Olchinger Kreisrätin Christina Claus und Barbara Helmers, Gemeinderätin in Maisach. Fest steht schnell: Die Auffangstation ist größer geworden. Auf dem Gelände stehen inzwischen fast überall stabile Zwinger mit Metallgittern, der neuste ist noch leer und als Voliere für die Tauben vorgesehen, die derzeit in einem deutlich kleineren mannshohen Käfig im Eingangsbereich wohnen.
Die Menschen können sich auf weiten Teilen des Areals nur noch im Gänsemarsch bewegen. "Was Ihr hier geschaffen habt, ist der Wahnsinn", sagt Triebel. Dennoch ist sie überzeugt, dass das zwischen Maisach und Gernlinden erschaffenen Zuhause für Fundtiere nur "ein Provisorium" sein könne. Die Politikerin betont, dass es in ganz Oberbayern keinen zweiten Landkreis ohne richtiges Tierheim gebe.
Im Landkreis haben sich drei Organisationen dem Tierschutz verschrieben: das Tierheim in Fürstenfeldbruck, die Tierfreunde Brucker Land, die wegen der räumlichen Gegebenheiten nur kleine Tiere aufnehmen können, sowie die Pfotenhelfer in Puchheim. Sie haben sich die Arbeit untereinander aufgeteilt, viele Fundtiere werden bis zu ihrer Vermittlung bei ehrenamtlichen Helfern Zuhause betreut. Mit einem richtigen Tierheim wäre das nicht nötig, zumindest nicht in diesem Maße.
Wie die Vorsitzende der Tierfreunde Brucker Land, Andrea Mittermeier, erklärt wurde ihre Arbeit bis vor ein paar Jahren ausschließlich über Spenden finanziert. Inzwischen beteiligen sich die Landkreiskommunen mit 30 Cent je Einwohner, allerdings können die Tierschützer das Geld nur für aufgenommene und vermittelte Tiere abrufen. "Da ist jetzt nicht der Tierschutz gefördert worden, sondern nur das Vermitteln", kritisiert sie. Und selbst dann würde das Geld oft nicht die Kosten decken, da viele Tiere in einem desolaten Zustand ankommen und die Kosten für das Aufpäppeln und die Tierarztrechnungen weit höher sind als die Pauschale der Kommunen. In anderen Landkreisen liege der Satz mindestens bei 50 Cent pro Einwohner, oft sogar schon bei einem Euro.
Und dann gibt es in Überacker natürlich noch die Tiere, die zwar aufgenommen werden, aber aller Voraussicht nach für den Rest ihres Lebens in der Auffangstation bleiben werden. So wie Keinohrkatze Amelie. Das Tier mit dem weißen Fell ist zwar sehr zutraulich und verschmust, ihr fehlen aber die Ohren; die mussten operativ entfernt werden. Oder der kleine Kater Moses, noch kein halbes Jahr alt. Er leidet an einer Lähmung der Hinterläufe, vermutlich wegen eines Unfalls. Wie Tierpflegerin Katja Rüssel erklärt, ist das Leiden mit viel Pflege und Zuwendung womöglich noch reversibel. Doch zurzeit müssen die Tierhelfer dem Katerchen die Blase zum Urinieren durch Streicheln seines Bauches ausdrücken. Solche Tiere seien nur schwer vermittelbar, weiß Rüssel: "Die Leute wollen halt junge gesunde Tiere." Die mit einer Beeinträchtigung, das sind die Bewohner des Tierheims, die viel Aufmerksamkeit benötigen und hohe Kosten verursachen. Und für die die Tierfreunde Brucker Land nur einen Bruchteil des Geldes über die Kommunen erstattet bekommen. Das meint Mittermeier, wenn sie kritisiert, dass das Finanzierungssystem nicht gut konzipiert ist.
Daneben gibt es aber auch erfreuliche Nachrichten. Zum Beispiel die Kooperation des Vereins mit dem Jobcenter. "Wir haben viele Wiedereingliederer", erzählt die Vorsitzende und bittet Hans zu der Gruppe. Der Mann hat gerade einen Teller mit klein geschnittenem und liebevoll angerichteten Gemüse zu den Hasen gebracht. Diese Tiere hatten den gesundheitsbedingt arbeitsunfähigen Mann vor einiger Zeit zu den Tierfreunden geführt. Denn seine Tante suchte einen Hasen. Irgendwie zeigte sich bei dem Besuch, dass Hans gut mit Tieren kann und gerne mit ihnen arbeiten würde und der Verein jede helfende Hand gut brauchen kann. Sein Hausarzt habe ihm danach zugeraten, es dort mit einer leichten Tätigkeit zu probieren, das könne ihm sogar helfen, seine Tabletten zu reduzieren, erzählt Hans. Der Arzt hatte recht, die Arbeit mit den Tieren bekommt dem ehemaligen Bauarbeiter gut. "Ich habe mit einem Tag angefangen, und jetzt sind es vier." Seit er hier arbeite, schlafe er abends immer sehr zufrieden mit sich und der Welt ein.