Maisach:Eine Frage des Geldes

Maisacher Gemeinderat lehnt Sozialpädagogen an Grundschule ab

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Mit den Kindern aufs Land ziehen, damit sie wohlbehütet und fern von sozialen Brennpunkten aufwachsen? Diese romantische Vorstellung scheint von der Realität überholt, zumindest wenn man den Schilderungen der Rektorin der Grundschule in Maisach zuhört: Kinder, die von der ersten Klasse an Verhaltensauffälligkeiten zeigen, sprachliche Schwierigkeiten haben, den Unterricht stören, weil sie plötzlich aufstehen und singen, oder sich ständig mit Mitschülern prügeln, nehmen demnach eklatant zu. Deshalb haben die Schulleitung und der Elternbeirat einen Schulsozialarbeiter beantragt. Der Gemeinderat hat dies nun mit großer Mehrheit abgelehnt. Nicht weil man die Notwendigkeit nicht anerkennt, sondern weil die Kommune darauf hofft, dass die Regierung von Oberbayern die Kosten übernimmt. Dafür müsste der Anteil an Ausländern an der Schule jedoch noch um vier Prozentpunkte auf 20 Prozent steigen.

Schon im Vorjahr habe das Kollegium den Wunsch nach einer sozialpädagogisch geschulten Fachkraft an sie herangetragen, berichtete Schulleiterin Christine Jung den Gemeinderäten. In dem schriftlichen Antrag werden die zunehmenden Probleme wie zum Beispiel extreme Aggressivität, schwindendes Interesse der Eltern am Schulleben sowie zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Lehrkräften und Erwachsenen auf die wachsende Zahl an Zu- und Wegzügen innerhalb der Gemeinde zurückgeführt. Verschärft werde diese Situation durch eine "immer häufiger vorkommende Überforderung der Eltern in der Erziehung ihrer Kinder", heißt es weiter. "Ein großer Teil sind diese Einzelfälle, die aber rasant zunehmen", sagte Jung. Vor vier Jahren seien es pro Jahr zwischen 10 und 15 verhaltensauffällige Kindern gewesen, inzwischen sind es mit 15 bis 30.

Wie Geschäftsleiter Peter Eberlein ausführte, zweifelt man im Rathaus nicht am Bedarf. Allerdings sollte der genauer definiert werden, was im Laufe dieses und des nächsten Schuljahres mit Hilfe der beiden Sozialpädagogen der Gemeinde geschehen soll. Ein weiterer Punkt, den es Eberlein zufolge zu bedenken gibt, ist eine mögliche Kostenübernahme durch die Regierung von Oberbayern. Die werde aber an Grundschulen nur gewährt, wenn der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund bei 20 Prozent liege, betonte er. In Maisach wird er 2016/17 bei 16 Prozent liegen. Um das benötigte Fünftel zu komplettieren, müssten 18 weitere Kinder mit Migrationshintergrund die Grundschule besuchen. Ob das allerdings im nächsten Jahr - oder überhaupt irgendwann - passieren wird, kann niemand voraussagen. Das Dilemma: Entschließt sich die Gemeinde, die veranschlagten 62 000 Euro Personalkosten selbst zu zahlen, kann sie entsprechende Forderungen nicht mehr an die Regierung von Oberbayern stellen. Außer, sie würde die Schulsozialarbeit dann zwei Jahre ruhen lassen. Doch das hält niemand für sinnvoll. Dass es im Ortsteil Gernlinden eine zweite Grundschule gibt, macht das Problem nicht einfacher.

Also beschlossen die Gemeinderäte gegen die Stimmen der Grünen, die Situation an der Grundschule im nächsten Schuljahr durch die beiden gemeindlichen Sozialpädagogen beurteilen zu lassen. Die Fachkräfte sollen nicht nur den Bedarf feststellen, sondern auch die Lehrkräfte bei den schwierigsten Schülern unterstützen. Dem Gemeinderat sollen sie alle drei Monate berichten. Ende 2017 will das Gremium erneut beraten.

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