Süddeutsche Zeitung

Maisach:Die Manege bleibt geschlossen

Der Circus Alfons William sitzt wegen der Corona-Maßnahmen auf dem Maisacher Volksfestplatz fest. Nun hofft er auf Unterstützung durch die Bevölkerung

Von Franziska Schmitt, Maisach

Tiere, wie man sie sonst eher aus dem Zoo kennt, grasen auf der Wiese gleich gegenüber des Volksfestplatzes. Neben bekannten Tierarten, wie Esel und Pferd, mampfen hier auch Dromedar und Kamel gemütlich vor sich hin. Mit großen, freundlichen Augen beobachten sie dabei die Passanten. An der Ecke des Weidezauns ist ein Schild befestigt. Ein Spendenaufruf für den Circus Alfons William. Auf dem Festplatz selbst stehen Lastwagen und voll beladene Anhänger. Das gelb-blaue Zirkuszelt ist schon abgebaut. Zirkuswagen und Stall hingegen werden von Mensch und Tier noch bewohnt.

Die letzte Vorstellung des Zirkus fand am Sonntag, 1. November, statt. Einen Tag später kam der Lockdown. "Eigentlich sollte es am Montag gleich weiter gehen", erzählt Kimberley William, eine der beiden Luftakrobatinnen des Zirkus. Gerade wisse man noch nicht, wie es weitergehe. Zum einen gelten die Coronabeschränkungen auch für Zirkusauftritte, zum anderen haben bereits viele Städte und Gemeinden die Vorstellungen bis Ende des Jahres abgesagt. Wenigstens um einen Stellplatz brauche man sich aktuell aber keine Sorgen machen, erzählt die Luftakrobatin sichtlich erleichtert. Die Gemeinde Maisach habe sich sehr verständnisvoll und zuvorkommend gezeigt. Der Zirkus könne erst mal einen Monat auf dem Festplatz weiter kampieren.

Bereits während des ersten Lockdowns war der Zirkus für vier Monate in Buchlohe gestrandet. Danach konnten Akrobaten und Tiere für gut zwei Monate in die Manege zurückkehren. Der Andrang sei groß gewesen, erinnert sich Kimberley William, doch mit dem Anstieg der Infektionszahlen, seien die Menschen wieder vorsichtiger geworden. "Wir durften eh schon nur eine begrenzte Anzahl reinlassen. Nun wurden es noch weniger," klagt sie, so sei das 600-Personen-Zelt unter Coronamaßnahmen ungewohnt leer gewesen.

Auch ohne Aufführungen gibt es im Zirkus reichlich zu tun. Die Tiere müssen jeden Tag versorgt werden, berichtet Germaine William, das wäre immer das Erste am Morgen. Füttern, Tränken und Ausmisten. Sie selbst ist Bodenakrobatin. Doch am Ende würde man überall mit anpacken, erzählt sie, nach dem Frühstück gehe es gleich weiter mit der Zirkusarbeit. "Wir trainieren den halben Tag mit den Tieren," erklärt die Akrobatin, "es ist ein langes Training, bis alles einstudiert ist." Da könne man nicht einfach pausieren und erst wieder ein paar Tage vor der nächsten Vorstellung anfangen.

Germaine William wohnt mit ihrer achtköpfigen Familie verteilt auf mehrere Zirkuswagen. Auch ihr Zuhause bestehe aus Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Kinderzimmer, erzählt sie, alles wie in einer normalen Wohnung. Nur auf mehrere Wohnwägen verteilt und eben ein bisschen kleiner. Kimberley William teilt sich mit ihrem Freund einen Wagen. Natürlich bräuchte man mal ein bisschen Privatsphäre, sagt sie, doch am Ende sei man doch eine große Familie. Auch Weihnachten würden sie auf zusammen verbringen.

Der neunjährige Jesse William hatte bereits seinen ersten Auftritt in der Manege. Er ist Saltospringer. Ob die Kinder später beim Zirkus bleiben wollen, müssen sie selbst entscheiden, sagt Kimberley William, deshalb lege man großen Wert darauf, dass jedes Kind einen guten Schulabschluss habe. So stünden schließlich beide Wege offen. Jesse besucht gerade die Schule in Maisach. Viele Kinder blieben jedoch beim Zirkus, sagt Germaine William, so sehr sei man an das Leben gewöhnt.

Zur Zirkusfamilie William gehören 40 Tiere und 25 Menschen. Obwohl sich am Arbeitsalltag nicht viel geändert habe, blieben die Einnahme bei geschlossener Manege natürlich aus. Um die Tiere mache man sich momentan keine allzu großen Gedanken, sagt Kimberley Williams, es gäbe viele engagierte Tierliebhaber, die Karotten oder Heu vorbeibrächten. Insgesamt seien zwei Heuballen pro Tag für alle Tiere nötig. Größere Sorgen bereiteten da schon die Versicherungen, die zum Jahreswechsel fällig werden. "Da ist einiges", sagt Kimberley William und zeigt auf den Fuhrpark vor ihrer Haustür. Außerdem müssen auch Tiere und Zelte versichert werden. Die Absage des Weihnachtszirkus in Unterhaching treffe da noch einmal härter, so die Luftakrobatin, er sei eine der Haupteinnahmequellen zum Ende des Jahres. Die Stadt hat aufgrund der ungewissen Situation die Vorführungen bereits abgesagt.

Deswegen hofft der Zirkus auf die Unterstützung von Bürgern und Bürgerinnen. "Wir haben in Maisach und Umgebung Schilder aufgestellt," erzählt Kimberley William, "damit wir die nötigsten Kosten decken können und es nicht ganz den Bach runtergeht". Es liegt dem Zirkus am Herzen vor Trickbetrügern warnen. Diese seien mit dem Namen des Zirkus hausieren gegangen. Davon möchte sich Circus Alfons William deutlich distanzieren. "Wir gehen nicht Hausieren." Eine ältere Dame hatte den Zirkus vergangene Woche darauf aufmerksam gemacht, nachdem die Betrüger vor ihrer Tür standen. "Zum Glück hat sie ihnen kein Geld gegeben", sagt Kimberley.

Spenden können an folgendes Konto überwiesen: Circus William Alfons; DE 53 1001 0010 0939 2821 23. Ein persönlicher Kontakt ist telefonisch unter 0170/9512996 möglich

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SZ vom 11.11.2020
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