Süddeutsche Zeitung

Maisach:Der Bayer und sein Dialekt

Sprachunterricht in Maisach mit dem Vogelmayer

Von Marija Barišić, Maisach

Thomas Mayer, blaue Augen, kurze Lederhose, besser bekannt als "Der Vogelmayer", geht an diesem Sonntag zufrieden nach Hause. Mit seinem satirischen Vortrag "Bairisch für Zuagroaste und Bayern, deren Herz für die Heimat schlägt", den er am Sonntagvormittag in der Volkshochschule in Maisach präsentierte, erreicht er genau das, was er selbst als "mein Ziel" definiert: für Spaß, Lachen und viel Information zu sorgen. Seit März letzten Jahres ist der 38-jährige Kabarettist aus Straubing mit seiner Vortragsreihe auf Tour, um sein Publikum auf humoristische Art und Weise über die Bayern, ihre "grantige Mentalität" und ihren "bereichernden Dialekt" aufzuklären.

Warum? "Selbst bei den Bayern ist der Dialekt leider nicht mehr so ausgeprägt wie früher, insbesondere in den Städten". Das sei ihm, der sich als Kabarettist seit 15 Jahren mit Dialekten beschäftigt, negativ aufgefallen und so habe er beschlossen, diesem Trend entgegenzuwirken. Eigens dafür entwickelte Mayer einen kabarettistischen Vortrag, in dem er geschichtliches Wissen über den Freistaat mit sprachwissenschaftlichen Fakten verknüpft und dabei nie vergisst, sein Publikum mit Witzen, Lebensweisheiten und Liedern bei Laune zu halten. So schafft er es am Sonntag, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf lehrreiche und unterhaltsame Art für sich zu gewinnen und das schlechte Image aufzubessern, das dem Bairischen heute anhafte, wie der Kabarettist findet: "Viele sagen, die Bayern sind lauter Kasperl mit ihrem Dialekt, dabei ist er eine Bereicherung für unser Leben und nichts, wofür man sich schämen sollte." Scham empfindet an diesem Sonntag tatsächlich keiner der Teilnehmer, außer vielleicht, als es darum geht, die Wappen der einzelnen Regierungsbezirke richtig einzuordnen.

Besonders schmunzeln müssen Tim und Diana aus Heidelberg, die 2014 nach München gezogen sind, aber "immer noch nicht Bairisch reden". Sie lernen, dass "ha?" für "wie bitte?" steht und nicht unhöflich aufgefasst werden darf, der Plural von "Haus" "Haisa" und von "Loch" "Lecha" lautet und der Ketchup in Wahrheit "s'Ketchup" heißt. Was für den Bayern dann die Mehrzahl von "das Fell" wäre?, will einer der Teilnehmer wissen und lässt den Vogelmayer erst mal ratlos zurück, dann aber originell antwortet: "Bevor der Bayer neue Wortkonstruktionen erschafft, weicht er lieber aufs Standarddeutsche aus und sagt ,die Felle'." Gelächter im Raum. Der Bayer dümpele nun mal "vor sich hin, wohlhabend, satt, selbstgefällig und lässt den Herrgott einen guten Mann sein", fügt der Vogelmayer hinzu.

Mit seinen Ausführungen zu bayerischen Eigenwörtern sorgt er nicht nur für Aha-Momente im Publikum, sondern bewahrt den einen oder anderen Teilnehmer auch vor potenziellen Fettnäpfchen. So sei "brunzen" ein "sehr ordinäres Wort für pissen", das "nur nach der fünften Maß am Oktoberfest" angemessen sei und "schnackseln" ein "frivoles Wort für Koitus begehen, das nur im frechen Kontext gesellschaftsfähig ist". Zum Abschluss der Veranstaltung tischt der Kabarettist "Weißwuascht" für die Teilnehmer auf, und zwar so, wie es die Tradition verlangt: mit Senf, Brezn, Weißbier und, das ist dem Vogelmayer ganz wichtig, ohne Ketchup. Daneben gibt es bayerische Lebensweisheiten wie "Leben und leben lassen" oder "Wennst d'Herdplattn aufdrahst und as linke Ohr draflegst, kannst hern, wia bläd du bist." Am besten, sagt der Vogelmayer noch, sei das Bairische durch Kommunikation mit "echten Dialektsprechern" umzusetzen, denn, und das ist die letzte Weisheit am diesem Tag:"Af de oidn Radl lernt ma's Foarn!"

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SZ vom 13.01.2020
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