Süddeutsche Zeitung

Luziafest in Fürstenfeldbruck:Schwimmende Stadt aus Pappe

Venedig in Fürstenfeldbruck: Am Namenstag der Heiligen Luzia setzen Eltern und Kinder selbst gebastelte Häuser auf die Amper. Die Bilder.

Alexandra Fitz

Von allen Seiten kommen Kinder mit ihren selbst gebastelten Häuschen. Die Eltern tragen sie für ihre Kleinen. Große und kleine Häuschen werden auf Tischen vor der Leonhardikirche aufgestellt. Keines gleicht dem anderen, keines ist gewöhnlich - alle sind sie einzigartig. "Wir haben nur ein Kleines gebastelt", sagt eine Mutter, die mit ihrer Tochter auf dem Platz steht, ganz bescheiden. Pia ist sieben Jahre alt und geht in die zweite Klasse der Volksschule am Niederbronner Weg. Als die umstehenden Kinder hören, dass Pia ihr Häuschen vorstellt, wollen auch sie ihre Häuschen präsentieren. "Das ist meins", sagt Pias Mitschülerin Anna-Maria stolz, "und das hier ist von meinem Bruder."

Blickt man über den Platz, sieht man Häuschen mit Gärten, mit Zäunen, ja sogar mit Tieren. Es gibt ein Hausdach mit bunten Glitzersteinen. Ein weiteres ist ein Hello Kitty-Haus - die kleine Katze liegt bei Kindern total im Trend. Selbst eine Kirche wurde gebastelt. Die Vermutung, dass an der einen oder anderen Stelle mehr die Eltern statt die Kinder am Werke waren, bestätigt Pias Mutter.

Ein Häuschen ist so groß, dass es von beiden Eltern getragen werden muss. Ungeduldig stehen die Kinder um die Tische, aus den Boxen ertönt Musik vom Posaunenchor der Erlöserkirche. Um 18 Uhr beginnt die Segnung der Häuschen. Stadtpfarrer Albert Bauernfeind übernimmt diese traditionelle Aufgabe an diesem 13. Dezember zum ersten Mal. Er wendet sich unter anderem an die Kinder und bedankt sich für ihre Bauwerke, die sie zugunsten des Brauchtums gebastelt haben, und von denen sie sich wahrscheinlich nur schweren Herzens trennen. "Ihr könntet's ja auch sagen, i nimm's lieber mit hoam", bemerkt der Pfarrer.

Fürstenfeldbrucks Kulturreferentin Brigitta Klemenz erzählt Eltern und Kindern die Geschichte der Luzia. Die Kinder müssen sich noch ein wenig gedulden. Endlich, Kinder und Eltern marschieren mit den Häuschen amperaufwärts - die Kerzen angezündet, die Papierfensterchen wieder zugeklebt. Um 19.45 Uhr, als die Bühne schon längst abgebaut und die letzte Zehe nun auch eingefroren ist, sieht man im Dunkeln Blitze von Fotoapparaten aufleuchten. Gleich muss es losgehen

Und plötzlich ein Lichtlein auf der stockfinsteren Amper. Das erste Häuschen ist auf dem Wasser, etliche folgen. Kleine, leuchtende Kunstwerke ziehen auf der Amper Richtung Emmering.

"Theo" steht auf einem, auf einem anderen "Lisa". Der Strom macht es den Häuschen nicht leicht, für manche ist nach der Brücke Schluss, sie liegen schief im Fluss, kippen um. Die meisten jedoch schaffen es, bleiben aufrecht stehen und auch nicht hängen.

Eine Mutter hält der eisigen Kälte nicht mehr stand und möchte gehen. Ihre Tochter wartet noch sehnsüchtig auf ihr Bauwerk. Da kommt es auf einer Welle. "Meins, meins, juheee", ruft das Kind, "jetzt können wird gehen."

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