Süddeutsche Zeitung

Luftwaffe:Bestandsgarantie fürs Blaue Palais

Die Offizierschule auf dem Fliegerhorst steht nun unter Denkmalschutz. Der Komplex aus Stahl, Beton und Glas verkörpert die Architektur der Siebzigerjahre und soll auch nach dem Abzug der Bundeswehr den als erhaltenswert eingestuften Bestand aus den Vorkriegsjahren ergänzen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Offizierschule der Luftwaffe ist unter Denkmalschutz gestellt worden. Die Mitteilung der Bundeswehr wurde am Donnerstag vom bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) bestätigt. Das "Blaue Palais" sei "durch seinen futuristischen Baukörper als städtebaulich bedeutend eingestuft", heißt es. Spät, aber noch vor dem für 2022 geplanten Ende als Ausbildungsstätte in Bruck erhält die Offizierschule damit so etwas wie eine Bestandsgarantie. Durch die Eintragung in die Denkmalliste wird verhindert, dass der weitläufige Gebäudekomplex aus den Siebzigern abgerissen wird.

Nach Entwürfen des Architekten Kurt Ackermann ist in den Jahren 1974 bis 1977 eine für damalige Verhältnisse einzigartige Stahlbetonskelettbauweise entstanden, nach dem Vorbild englischer Campusanlagen. Das Blau sollte das dominierende Element als Symbol für die Luftwaffe sein, und so entstanden in dieser Farbe sämtliche Aluminiumverkleidungen, die auch heute noch das Bauwerk prägen. Durch das viele Glas wurde nach Worten von Oberstleutnant Stephan Lindner, dem Sprecher der Offizierschule, "eine einzigartige Lichtdurchflutung erreicht, die einen sehr offenen und angenehmen Charakter entstehen lässt". Dies werde vor allem in den Glasbrücken deutlich, die den Kernkomplex, den Hörsaal mit den Funktionsgebäuden, verbinden. Alles gruppiert sich um offene und geschlossene Höfe.

Günther Grzimek, der sich einen Namen gemacht hat als Gartenarchitekt des Münchner Olympiaparks, orientierte sich bei der Gestaltung des Landschaftsgartens an der Voralpenlandschaft. Insgesamt sei die Symbiose von Wohnen und Lernen baulich eindrucksvoll und funktional umgesetzt worden, so Lindner.

Das BLfD würdigte mit seiner Entscheidung die hohe geschichtliche, künstlerische und städtebauliche Bedeutung. Es folgte damit auch dem von mehreren Stadträten vorgebrachten Wunsch. So hatten sich zuletzt Vertreter der CSU vor gut einem Jahr für den Erhalt eingesetzt und sich dabei auf eine Studie von Stadtbaumeister Martin Kornacher sowie Architekt und Denkmalexperte Matthias Wieser berufen. Gemeinsam mit dem Heizkraftwerk schaffe die Offizierschule im Denkmalensemble ein Gegengewicht aus der Gegenwart zu den in der Vergangenheit von den Nationalsozialisten errichteten Gebäuden, heißt es in ihrer Expertise. Das markante Heizkraftwerk aus den Siebzigern, dessen Kamin weithin sichtbar ist, steht noch nicht unter Denkmalmalschutz.

Auf den noch militärisch genutzten 180 Hektar südlich der einstigen Start- und Landebahn gibt es längst einen historisch als wertvoll eingestuften Immobilienbestand. 20 Gebäude der von 1935 an errichteten damaligen Luftkriegsschule stehen bereits unter Denkmalschutz, darunter der Kilometerbau, die Kommandantur, der Luftwaffensaal, der Torturm, der Fahnensaal sowie der alte Flughafentower. Kornacher und Wieser hatten der früheren Kreisbaumeisterin Reinlinde Leitz zugestimmt, die sich dafür stark gemacht hatte, Teile der vom Architekten Ernst Sagebiel geschaffenen "Blut- und Bodenarchitektur" vor der Abrissbirne zu schützen. Kornacher und Wieser werben in ihrer Publikation auch für den Erhalt der ehemaligen Schäferei ganz im Osten des Fliegerhorstes sowie die Wasserpumpenzentrale. Denkmalwert bescheinigt wird auch der unter den Amerikanern um 1950 errichteten Fliegerhorstkirche. Die beiden Experten widmeten sich am Rande auch der Offizierschule. Kubatur, Dachflächen und Fassaden sollten ihrer Meinung nach erhalten bleiben, wenngleich Raum bleiben könne für "Veränderungen im Binnengrundriss wie auch Zubauten".

Generalkonservator Mathias Pfeil hatte sich bereits im März 2017 im Sinne der Stadt geäußert und im Frühjahr die Bereitschaft signalisiert, die Offizierschule offiziell auf die Liste der Denkmäler aufzunehmen. Das verschachtelte Gebäude mit seinen Flachdächern und den großen Fensterflächen sei "ein homogener Baukörper sowie eine geschlossen erhaltene, in sich stimmige Anlage". Beeindruckend seien "sowohl der innen wie außen gute bauliche Zustand des Gebäudes als auch dessen hohe architektonische Qualität".

Für die Stadt, die sich im Blauen Palais künftig eine hochschulnahe Einrichtung gut vorstellen könnte, ist die Entscheidung ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist sie in den künftigen Nutzungen eingeschränkt, andererseits dürfte der an den Grundstückseigner - die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) - zu zahlende Kaufpreis für das Fliegerhorstareal sinken. Zu klären ist laut Kornacher nun, wie mit möglicherweise vorhandenen Problemstoffen oder einer erforderlichen energetischen Sanierung umzugehen ist und die wohl kaum mehr benötigten Unterkünfte beispielsweise zu Büros umgebaut werden dürfen, ohne mit dem Denkmalschutz in Konflikt zu geraten. Kornacher: "Wir stehen da am Anfang eines diffizilen Prozesses." Der Stadtbaurat plädiert in jedem Fall dafür, auch das für die Sechziger- und Siebzigerjahre typische Inventar in dem Gebäude zu belassen.

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Quelle:
SZ vom 10.08.2018
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