Low-Budget-Projekt mit Überraschung:Luxusluftpumpen für den Brucker Radlverleih

Fahrradpumpe

In Gröbenzell gibt es bereits gegen Vandalismus gesicherte Pumpen.

(Foto: Günther Reger)

Nächstes Jahr will die Kreisstadt Fundräder zur kostenlosen Benutzung bereitstellen. Doch ein Posten passt nicht zu dem Sparkonzept

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Vergangenes Jahr schien es so, als schreibe die Kreisstadt Geschichte. Im Kapitel Verkehrspolitik - Paragraf Radverkehr - Spiegelstrich Fahrradverleih. Böse Zungen verweisen freilich darauf, dass ein 1598 publiziertes Buch mit dem Titel "Die Schiltbürger" im weitesten Sinne ebenfalls zur Geschichtsschreibung zählt und mutmaßen, dass die im Zuge des Radverleihs geplante Anschaffung von Luftpumpen dort in einem lustigen Kapitel abgehandelt werden könnte.

Ein Blick zurück: Während der einige Monate zuvor abgetretene Berliner OB Klaus Wowereit behauptet hatte, seine Stadt sei "arm, aber sexy", entwickelt Bruck den Leitsatz im März 2015 in segensreicher Manier weiter: Die Stadt fühlt sich weder arm noch reich und trotzdem sexy. Vor allem deshalb, weil sie der Geldnot gute Ideen entgegensetzt: Mit einem innovativen Konzept werden die Ansätze "Nutzen statt besitzen" und "Sparen mit Second Hand" verquickt. Oberbürgermeister Klaus Pleil unterstützt das Grünen-Projekt eines Low-Budget-Radverleihs in einer landkreisweit einmaligen Form und überzeugt trotz aller Skepsis im konservativen Lager den Stadtrat. Die Idee des "Brucker Radlverleihs" adaptiert ein früheres Modell aus Kopenhagen und ist denkbar simpel: Herrenlose Fahrräder am Bahnhof oder im Straßengraben werden wie üblich eingesammelt. Nach dem Verstreichen einer gewissen Wartefrist werden 50 von ihnen aber nicht mehr versteigert, sondern etwas aufgemöbelt, zum städtischen Leihrad geadelt, entsprechend markiert und anschließend an einer der zehn übers Stadtgebiet verteilten Radstationen kostenlos und rund um die Uhr zur Nutzung angeboten. Weil sie gar nicht erst abgesperrt werden, sinkt die Hemmschwelle für den Umstieg aufs Rad im Vergleich zu professionellen Systemen wie Call-a-Bike oder Nextbike, bei denen man sich anmelden und bezahlen muss. Zurückgegeben werden sollen sie nach Gebrauch an einer beliebigen Station, notfalls vom Bauhof eingesammelt werden. Etwas ins Stocken geriet die Umsetzung, weil die städtische Fahrradbeauftragte Josefa Dahme ihren Dienst bei der Stadt quittiert hat und die vakante Stelle erst Mitte des Jahres wiederbesetzt wird. Ziel-21-Chefin und Grünen-Stadträtin Alexa Zierl setzt dennoch große Hoffnungen in das Projekt ihrer fahrradfreundlichen Kommune und glaubt an einen Startschuss im Frühjahr 2017. Kritischer Punkt ist ihrer Überzeugung nach, einen "Kümmerer" zu finden, der zumindest die Verkehrstauglichkeit der Räder sicherstellt - wie etwa die Obdachloseneinrichtung der Caritas, die früher eine Radlwerkstatt betrieben hat. Gesucht werden auch noch die Plätze für die zehn Radlständer, die überdacht werden sollen - 75 000 Euro sind dafür eingeplant. Den Anfang macht der Radlständer am Rathaus, der voraussichtlich bereits in ein paar Wochen zur überdachten Radservicestation aufgewertet wird. Das alles solle schon was hermachen, meint Alexa Zierl, schließlich geht es um ein Klimaziel: Autoverkehr reduzieren, Radverkehr fördern.

Bei den Haushaltsberatungen stolperte nun aber SPD-Stadtrat Philipp Heimerl über den Posten "Fahrradpumpen" und wunderte sich über die "stolze Summe" von 15 000 Euro. Des Rätsels Lösung: Jede Station soll mit einer vandalensichern und stabilen Luftpumpe ausgestattet werden - nach dem Vorbild Gröbenzells, das am Bahnhof zwei im Boden verankerte Pumpen installiert hat. Endgültig entschieden sei über diese Anschaffung aber noch nicht, heißt es etwas kleinlaut aus dem Rathaus. Und es klingen leise Zweifel durch, ob sich die tollen Pumpen mit dem Low-Budget-Ansatz des "Brucker Radlverleihs" in Einklang bringen lassen. Passender als eine Luftpumpe zum Stückpreis von 1500 Euro wären vielleicht ein paar Handpumpen oder angekettete Standmodelle, die es für um die 15 Euro gibt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: