Lesung in der Stadtbibliothek Fürstenfeldbruck:"Ich habe mich ein bisschen in sie verliebt"

Lesezeit: 3 min

Der Autor Bernhard Aichner hat eine Trilogie verfasst über eine Mutter, die zur Mörderin wird. Er schildert sie als liebevolle, verzweifelte und emotionale Frau, die ums Überleben kämpft.

Interview von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Im Nachklang des Münchner Krimifestivals kommt an diesem Freitag der Österreichische Bestsellerautor Bernhard Aichner in die Brucker Stadtbibliothek. Dort wird er aus seinem Buch "Totenrausch" lesen, dem finalen Band seiner Trilogie um die Bestatterin Brünhilde Blum, die nach ihrer Flucht aus Innsbruck plötzlich im Hamburger Rotlichtmilieu landet.

SZ: Sie haben mal erzählt, dass Sie während des Schreibens Musik hören, oft immer das gleiche Lied. Was haben Sie denn bei "Totenrausch" gehört?

James Blake, Ludovico Einaudi, Olafur Arnalds. Letzterer hat es mir sehr angetan, wunderschöne Musik aus Island, sphärisch, ich höre und tauche ab in meinen Geschichten. Es ist dann egal, wenn rund mich herum die Welt untergeht, ich schriebe mir meine Eigene.

Die Heldin Ihrer Trilogie ist eine ziemliche Psychopatin. Mögen Sie sie trotzdem?

Ich habe mich ein bisschen in sie verliebt, ehrlich gesagt. Sie rennt ebenso wie ich mit dem Herz in der Hand durchs Leben, sie ist völlig bauchgesteuert, handelt irrational, verlässt sich auf ihr Gefühl. Eine völlig verrückte Figur, die man lieb gewinnt. Eine Mörderin, der man die Daumen drückt, das hat schon was.

Wie kommt ein österreichischer Autor eigentlich auf die Idee, über das Hamburger Rotlichtmilieu zu schreiben?

Ich liebe Hamburg und wollte, dass der letzte Teil dort spielt. Im Dunstkreis der Reeperbahn. Meine Heldin brauchte schließlich neue Pässe, und ich dachte mir, im Zuhältermilieu kann sie fündig werden.

Hatten Sie von Anfang an geplant, Ihre Brünhilde nach Hamburg zu schicken oder hat sich das so entwickelt?

Im Rotlichtmilieu der Hamburger Reeperbahn lässt sich Aichners Protagonistin mit dem Zuhälterkönig ein, weil sie hofft, von ihm neue Papiere zu bekommen. Gut kann das natürlich nicht ausgehen. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Es war von Beginn an der Plan, es in Hamburg zum Showdown kommen zu lassen. Als ich mit dem ersten Band Totenfrau begann, wusste ich, was auf den letzten Seiten von Totenrausch stehen wird.

Warum eigentlich Brünhilde Blum?

Ich habe einen Namen gesucht, den meine Heldin auf keinen Fall tragen will, einen Namen, den sie hasst. Brünhilde schien mir passend. Zum anderen ging es auch um den Kontrast zwischen Vorname und Nachname. Hart und weich, die Mörderin und die liebevolle Mutter.

In Totenrausch geht es nicht nur brutal zu, sondern auch relativ blutig. Wie viel Liter Blut müssen in einem guten Thriller fließen?

Ich denke, das ist Gefühlssache. Mal so, mal so. Im nächsten Roman fließt sehr wenig Blut, das macht auch Spaß. Totenrausch aber ist ein Western, es war mir wichtig, dass es da ordentlich zur Sache geht. Blum nimmt ihr Schicksal wieder in die Hand und räumt auf.

Die Protagonistin ist Bestatterin. Haben Sie dafür auch vor Ort recherchiert?

Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, deshalb habe ich während der Arbeit an Totenrausch auch dieses Praktikum gemacht. Es war eine richtig schöne und am Anfang auch eine sehr schräge Erfahrung. Dem Tod als Tabu näherzukommen, zu akzeptieren, dass wir letztendlich alle sterben werden. Die Dankbarkeit wuchs, leben zu dürfen. Über das Sterben spricht man nicht gern, es ist unheimlich, es gilt als schlechtes Omen, wenn man sich damit auseinandersetzt. Die Verstorbenen sollen so schnell wie möglich unter die Erde, das Leben soll weitergehen, der Tod soll keinen Platz bekommen. Das hat mich immer befremdet. Deshalb wurde ich neugierig, deshalb habe ich in der Bestattung mitgearbeitet.

Bernhard Aichner wurde 1972 in Innsbruck geboren und hat Germanistik studiert. Bereits der erste Band seiner Trilogie über Brünhilde Blum, "Totenfrau", wurde in den ersten eineinhalb Jahren 100 000 mal verkauft. (Foto: Fotowerk Aichner)

Sie waren lange Zeit Fotograf und haben quasi nebenbei geschrieben. Warum haben Sie sich dann komplett fürs Schreiben entschieden?

Es ist ein Glück, wenn es gelingt, vom Schreiben leben zu können. Das schaffen vielleicht fünf Prozent aller Autoren und Autorinnen im deutschsprachigen Raum. Jetzt darf ich dazugehören und das tun, was ich am allerliebsten mache: Geschichten erzählen, mit Sprache spielen, unterhalten. Ich bin sehr dankbar dafür.

Woran schreiben Sie aktuell?

Wieder ein Thriller. Keine Reihe, ein abgeschlossener Roman. Weniger blutig, mehr Psychologie, eine wilde Geschichte. Ich habe sie vor zehn Monaten geträumt. Als ich dann aufgewacht bin, musste ich die Idee aufschreiben, skizzieren, was ich da im Schlaf gesehen hatte. Ich habe dann meine Verlegerin angerufen und es ihr erzählt. Sie hat nur gesagt: Schreib!

Am Freitag lesen Sie in Fürstenfeldbruck. Wie stellt man das richtige Programm für so eine Lesung zusammen?

Nicht zu viel verraten, Lust machen, Freude vermitteln. Von mir erzählen. Die Leserinnen wollen ja auch den Autor hinter dem Buch kennenlernen, deshalb gewähre ich immer gerne Einblicke in mein Leben, in meinen Schreiballtag.

Sind solche Publikumstermine eher notwendiges Übel oder macht Ihnen das Spaß?

Ich habe große Freude daran. Ich lese sehr gerne. Vielleicht, weil ich auch einmal Schauspieler werden wollte. Und ganz früher Priester. Die Bühne hat mir gefallen, der Altar, der Wein. Großartig fand ich das. Und das tue ich auch heute noch.

Bernhard Aichner liest aus "Totenrausch", Freitag, 7. April, von 20 Uhr an in der Stadtbibliothek in der Aumühle Fürstenfeldbruck. Eintritt neun Euro.

© SZ vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: