Fürstenfeldbruck:Flächenfraß treibt Bauern und Naturschützer um

Fürstenfeldbruck: Ein besonders auffälliges Beispiel für Flächenversiegelung: die Großbaustelle für das Neubauquartier Freiham-Nord.

Ein besonders auffälliges Beispiel für Flächenversiegelung: die Großbaustelle für das Neubauquartier Freiham-Nord.

(Foto: Catherina Hess)

Beate Walter-Rosenheimer und Leon Eckert, Bundestagsabgeordnete der Grünen, suchen das Gespräch mit Vertretern beider Gruppen aus fünf Landkreisen. Die nutzen gerne die Gelegenheit, ihre Anliegen vorzubringen.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Fast zwölf Hektar Freifläche, mehr als 16 Fußballfelder, gehen in Bayern verloren - jeden Tag. Auf Wiesen und Äckern werden Gewerbegebiete oder Wohnhäuser errichtet oder Straßen gebaut. Damit werden Lebensräume ebenso verbraucht wie Ackerflächen. Das Thema Flächenfraß treibt Landwirte ebenso um wie Naturschützer. Das wurde in den beiden Videoformaten deutlich, zu denen die Bundestagsabgeordneten der Grünen, Beate Walter-Rosenheimer und Leon Eckert, kürzlich eingeladen hatten. Walter-Rosenheimer vertritt den Wahlkreis Dachau-Fürstenfeldbruck in Berlin und betreut Erding und Landsberg am Lech; Freising ist Eckerts Wahlkreis.

Vormittags hatten Vertreter des Bauernverbands aus diesen fünf Landkreisen die Gelegenheit, sich per Videokonferenz mit Manuela Rottmann (Grüne), Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, auszutauschen. Abends trafen Vertreter des Bund Naturschutz sowie der Umweltexperte Christian Magerl auf die Parlamentarier.

Bayern hat, auf die Einwohnerzahl bezogen, laut dem Landesamt für Umwelt den größten Flächenfraß aller deutschen Bundesländer. Ein Volksbegehren, das den Verbrauch begrenzen wollte, wurde im Jahr 2018 gestoppt. Eine Trendwende gab es bisher nicht. Karin Sepp, Kreisbäuerin für Fürstenfeldbruck, sorgt sich nicht nur um die verschwindenden Flächen.

Es müsse bedacht werden, dass mehr Bebauung auch einen höheren Wasserverbrauch bedeute. Das Trinkwasser werde mancherorts knapp, das müsse zum Thema werden, forderte sie. Staatssekretärin Rottmann kennt Wasserknappheit aus eigener Anschauung. "Die Situation ist schon dramatisch", sagte sie. In ihrem Wahlkreis, der aus den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge und Rhön-Grabfeld in Unterfranken besteht, gebe es im Sommer bereits Wassersperren. "Das Eigenheim nutzt nichts, wenn man im Sommer das Planschbecken für die Kinder nicht füllen kann."

"Was wir zubetoniert haben, holen wir nicht zurück", betonte Rottmann. Noch immer sei es aber einfacher, "die Wiese draußen" zu bebauen, als bestehende Gebäude zu sanieren. Es gebe aber auch immer jemanden, der sein Land als Bauland verkaufe und damit viel Geld mache. "Die Landwirte sind zerrissen", entgegnete Ralf Huber, Bio-Landwirt aus dem Landkreis Freising und Präsident des Bauernverbands Oberbayern. "Wenn einer seine Fläche nicht hergeben will, der hat kaum Chancen. Der kann aus seiner Ortschaft ausziehen", berichtete er. "Da müsst ihr was machen!"

"Die Natur braucht Flächen", sagt der BN-Mann aus Landsberg

Während bei den Landwirten Anbauflächen und Weiden schwinden, sorgen sich die Naturschützer um Lebensräume für Tiere und Pflanzen. "Die Natur braucht Flächen" - darauf wies Peter Satzger, Vorsitzender der Kreisgruppe Landsberg des Bund Naturschutz hin. Auch er beklagte, dass immer mehr Baugebiete ausgewiesen und Straßen gebaut würden.

Weitere Themen waren die Stärkung der Landwirte gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel, um gerechtere Preise zu erhalten, und die Bedeutung von Biogas für die Energiewende, vor allem vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs. "Biogas kommt nicht vor in der Diskussion", sagte Jakob Maier, Kreisobmann des Bauernverbands Erding. "Dafür habe ich kein Verständnis." Rottmann sagte, die Herstellung von Biogas müsse gefördert werden: "Da haben Sie mich voll an Ihrer Seite." Methan aus Biomasse sei eine gute Alternative zu fossilem Erdgas, und auch gefragt. "Momentan rennen die Leute den Biogas-Anbietern die Bude ein".

Die BN-Vertreter forderten mehr Anstrengungen beim Schutz von Klima und Artenvielfalt. Insbesondere müsse es mehr Mittel geben, um die gefährdeten Arten überhaupt erfassen zu können, sagte der Freisinger Christian Magerl, der selbst lange für die Grünen im Landtag saß. "Es hat sich schon was verändert", versicherte Walter-Rosenheimer. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) habe das Artensterben als genauso große Krise erkannt wie die Erderhitzung. Ihre Folgerung: "Es lohnt sich, Themen einzubringen."

Der erste Austausch kam sowohl bei den Bauern als auch bei den BN-Vertretern gut an. "Wir Bauern brauchen das Gefühl, dass wir unterstützt werden", sagte der Erdinger Maier. "Gut, dass wir ihn gehabt haben", lobte Magerl den Austausch. Die Abgeordneten versprachen, die Themen mit ins Parlament zu nehmen und regelmäßige Treffen anzubieten.

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