Landkreis Fürstenfeldbruck:Strategie für die Jahrhundertflut

Beim Hochwasserschutz wollen mehrere Kommunen zusammenarbeiten. Ein Konzept zeigt, wie das gehen könnte. Erste Streitpunkte sind die Aufteilung der Kosten und die genaue Umsetzung

Von Peter Bierl, Alling

Fachleute haben ein Konzept für den Hochwasserschutz im östlichen Landkreis vorgelegt, dessen Umsetzung wird jedoch schwierig. Es geht um Grunderwerb und Ausgleichszahlungen, darum, wer wie viel zahlen soll und es wird Protest gegen Mauern entlang der Bachufer in den Orten geben. Dazu sind kurz- und mittelfristige Maßnahmen notwendig. Immerhin wollen die Kommunen kooperieren.

Das Wasser kommt von oben und von Südwesten, aus Richtung Gilching. Das Moos vor Alling nimmt nicht mehr so viel auf, auch weil Bäche nicht mehr mäandern und Flächen landwirtschaftlich genutzt werden. Im weiteren Verlauf entlang von Starzel-, Ascher- und Gröbenbach wurden über Jahrzehnte viele Flächen mit Wohnhäusern, Gewerbebauten, Straßen und Parkplätzen versiegelt. In den Siebzigerjahren warnten Fach- und Aufsichtsbehörden die Kommunalpolitiker in Gröbenzell davor, Bauland in Überschwemmungsgebieten auszuweisen, berichtet der zweite Bürgermeister Martin Runge (Grüne). Das wurde ignoriert, nicht nur in der Gartenstadt.

Das neue Konzept zum "Hochwassermanagement" basiert auf drei Komponenten: Mit Hilfe von Dämmen sollen sogenannte Rückhaltebecken entstehen, in denen das Wasser aufgehalten werden kann, um dann kontrolliert abzufließen. Zur Entlastung soll das Hochwasser in einem Bypass um Alling herumgeführt und hinter der B 2 zum Teil aus dem Starzel- in den Gröbenbach umgeleitet werden. Dazu kommen Mauern entlang der Bäche in den Orten, in Gröbenzell auf einer Länge von mehr als einem Kilometer mitten im Ort.

Der Allinger Bürgermeister Stefan Joachimsthaler (CSU) war als Vorsitzender des Amperverbandes für die Koordination des Konzepts zuständig. Er hofft, dass bereits im kommenden Jahr ein Zweckverband aus Alling, Eichenau, Gröbenzell, Olching und Puchheim zustande kommt. Gilching und Germering würden das Projekt unterstützen, auf ihren Fluren müssten Rückhalteflächen angelegt werden.

Schwierig wird es mit der Aufteilung der Kosten. "Wir können die Summe nicht einfach durch fünf teilen", sagt der Allinger Bürgermeister. Zwar profitieren alle gleichermaßen vom Hochwasserschutz, aber die Belastung mit Bauwerken und Rückhalteflächen käme auf seine Kommune zu. Allein für den Bau der Anlagen wären laut Konzept etwa 27,3 Millionen Euro fällig, dazu weitere knapp elf Millionen für Maßnahmen wie Unterhalt oder Umweltschutz plus Ausgleichszahlungen für Landwirte. Demgegenüber haben die Ingenieure einen Nutzen von 136 Millionen errechnet, der sich daraus ergibt, das etwa 2000 Wohnhäuser, 2500 Gewerbebauten sowie Kindergärten, Schulen und Infrastruktur geschützt wären.

Käme der Zweckverband nächstes Jahr zustande, könnte man 2023 ein Bauwerk als Pilotprojekt aussuchen, mit Eigentümern über Grunderwerb oder Ausgleich zu verhandeln und ein Genehmigungsverfahren einzuleiten, sagt Joachimsthaler. Er möchte mit einem Rückhaltefläche im Moos anfangen, dafür sei die Akzeptanz bei den Grundeigentümern vorhanden. Die Flächen können ohnehin weiter genutzt werden. "Wenn man Alling schützen will, muss man das Wasser davor aufhalten und das ist allen bewusst", sagt er.

Der Bypass um seine Gemeinde herum gefällt dem Bürgermeister hingegen gar nicht. "Einen offenen Graben durch Alling wird es nicht geben und eine Verrohrung ist wartungsintensiv." Die Planung werde anders aussehen als das Konzept, da ist sich Joachimshaler sicher. Skeptisch ist er auch bei Maßnahmen innerorts. "Der Weg ist noch weit, man sollte nicht mit dem schwierigsten anfangen", findet er. Am Starzelbach müsste man eine Mauer bauen, Straßen und Brücken verlegen, eine neue Uferböschung schaffen. In Gröbenzell wurden Mauern entlang des Gröbenbachs immer wieder abgelehnt, erinnert Runge. "Für das Ortsbild wäre das nicht famos." Aber für kleine Dämme, die besser ausschauen, fehlt der Platz.

Runge freut sich über die interkommunale Kooperation, warnt aber, dass die Umsetzung schwierig wird. "Wenn überhaupt, wird es viele, viele Jahre dauern", lautet seine Prognose. Notwendig seien kurz- und mittelfristige Maßnahmen. Die Gröbenzeller Grünen haben im August einen Antrag eingebracht, der eine Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahr vorsieht, den Aufbau eines Wach- und Hilfsdienstes sowie eine Überprüfung dessen, was bei extremem Hochwasser passieren würde und dagegen zu tun wäre. In Alling soll nächstes Jahr ein "Sturzflutenkonzept" für alle Ortsteile 2022 erstellt werden, berichtet Joachimsthaler. Man will prüfen, ob nicht mehr Wasser im Moos gehalten und die Kapazität im Bach erhöht werden kann.

Runge will wissen, was die Überleitung von Wasser aus dem Starzel- in den Gröbenbach bei kleineren Überschwemmungen auslösen kann. Das Konzept wurde auf der Basis eines hundertjährigen Hochwassers mit 15 Prozent Aufschlag für den Klimawandel erstellt. Es könne aber nicht sein, dass kleinere Hochwasser wegen der Überleitung zu Überschwemmungen führten, sagt Runge. Und dass die teuren Dämme und Mauern genutzt werden, um neue Baugebiete an ungeeigneten Stellen auszuweisen, gehe gar nicht.

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