Landgericht:Viele Fragen, wenige Antworten

Prozess gegen Gröbenzeller wegen Totschlags beginnt unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Was geschah in der Nacht auf Aschermittwoch vorigen Jahres in einem Haus an der Eschenrieder Straße in Gröbenzell? Warum musste eine 40 Jahre alte Frau aus Mering sterben? Fragen dieser Art wird wohl auch der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter nicht beantworten können. Denn auch wenn am Montag das Verfahren vor dem Landgericht München II wegen Totschlags gegen den 28 Jahre alten Mann begonnen hat, der an einer psychischen Erkrankung leidet: Das Gericht folgte nach einer ausgiebigen Beratungspause dem Antrag des Verteidigers und beschloss, für die Aussage des Angeklagten sowie die Verlesung der psychiatrischen Gutachten die Öffentlichkeit auszuschließen.

Der Notruf bei der Polizei geht an jenem 14. Februar vergangenen Jahres gegen 9.30 Uhr ein. Ein Nachbar hatte Verdächtiges wahrgenommen. Wenig später ist in der Eschenrieder Straße ein Aufgebot an Polizei- und Rettungswagen eingetroffen, das Kriseninterventionsteam und eine Vielzahl von Pressevertretern. Viel zu erfahren gibt es nicht, die Beamten schirmen den Zugang zu dem Wohnhaus ab, in dem der junge Mann mit seiner Mutter gewohnt hat. Doch bald steht fest, dass es in der ruhigen Siedlung ein Gewaltverbrechen gegeben hat. Es gibt eine Tote, eine 40-jährige alleinerziehende Mutter aus Mering; sie war anscheinend mit der Mutter des jungen Mannes befreundet. Des weiteren erfährt man, dass der heute 28-Jährige unter einer psychischen Erkrankungen gelitten hat und die Freundin der Mutter sich angeboten hatte mit ihm zu reden. Die Mutter des jungen Mannes hatte die Nacht offenbar nicht in dem Haus verbracht.

Ein gutes Jahr später startet der Prozess gegen den seit mehr als zehn Jahren an paranoider Schizophrenie leidenden 28-Jährigen, der seit 15. Februar vergangenen Jahres in der forensischen Psychiatrie untergebracht ist. Der Anklage zufolge kannte die 40-Jährige den Sohn ihrer Bekannten vor diesem Abend nicht näher. Aber sie hatte ein Motiv, sich mit ihm zu befassen: "Sie traute sich nach eigenen Angaben zu, den Beschuldigten in einem Gespräch zu überzeugen, sich wegen seines psychischen Zustandes in stationäre medizinische Behandlung zu begeben", heißt es in der Anklage. Darüber hinaus erfährt man, dass der junge Mann in den Wochen vor der Tat eigenmächtig die verschriebenen und zuvor regelmäßig eingenommenen Medikamente vollständig abgesetzt hatte. Und dass er gegenüber den Polizeibeamten in Bezug auf die Geschädigte sagte: "Endlich ist sie erlöst."

Zum Auftakt der Verhandlung vor dem Landgericht München II beantragt der Verteidiger des 28-Jährigen, die Öffentlichkeit für das komplette Verfahren auszuschließen. Es gehe schließlich um die Privat- und Intimsphäre seines Mandanten, im Zuge der Beweisaufnahme würden viele Details zur Sprache kommen, die öffentlich ausgesprochen, die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten verletzen würden, argumentiert der Jurist. Dem entgegnet die Staatsanwältin, dass auch die Öffentlichkeit ein Interesse an der Aufklärung des Verbrechens habe. Und da es sich bei Totschlag um eine sehr gravierende Tat handle, sei das öffentliche Interesse entsprechend hoch.

Die Richter wägen die konträren Interessen gegeneinander ab. Als sie nach gut 20 Minuten wieder Saal B 266 betreten, lautet ihre Entscheidung, die Öffentlichkeit nur für die Zeit auszuschließen, wenn der Angeklagte seine Aussage macht und die psychiatrischen Gutachten über seinen Geisteszustand präsentiert werden. Für das Verfahren hat das Gericht noch drei weitere Prozesstage angesetzt.

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