Kunst-Skandal im Kleinformat:Anstößiges Zipfelchen

Was bei der Jahresausstellung der Künstlervereinigung nicht zu sehen ist: Simone Freys "Zwergenland ist abgebrannt"

Peter Schelling

- Für einen handfesten Kunstskandal sind die Figuren, die von der Grafrather Künstlerin Simone Frey für die Jahresausstellung der Fürstenfeldbrucker Künstlervereinigung in der Sparkasse eingereicht wurden, vielleicht doch ein wenig zu mickrig. Einer gewissen Brisanz entbehrt die Tatsache allerdings nicht, dass die zwei aus Filz gefertigten und selbstverständlich männlichen Gartenzwerge, die da in eindeutig kopulierender Haltung zu sehen sind, nicht in die Ausstellung genommen wurden. Sollte da etwa ein Kunstwerk nicht gezeigt werden, weil es den Betrachter zu sehr verstören und möglicherweise auch noch zu Diskussionen darüber führen könnte, was Kunst darf und was nicht?

Die Sparkasse weist jede Schuld weit von sich, dass Simone Freys Kunstwerk aus ihrer Serie "Zwergenland ist abgebrannt" in den kommenden vier Wochen definitiv nicht in der Ausstellung zu sehen sein wird. "Wir üben keine Zensur aus", sagt Dirk Hoogen, der Pressesprecher der Bank, räumt zugleich aber ein, dass die Arbeit nicht jedem gefallen hat. "Mir persönlich übrigens auch nicht", sagt Hoogen. Sogar der Vorstandsvorsitzende Klaus Knörr wurde gefragt, was er von dem Werk halte. Er hatte zumindest nichts dagegen, dass es ausgestellt wird.

Die Entscheidung darüber, ob das schwule Zwergenpaar in aller Öffentlichkeit kopulieren darf, lag also ausschließlich bei der Künstlervereinigung. Und die entschied sich eindeutig: dagegen. Allerdings nicht etwa aus inhaltlichen Erwägungen, wie Stephanie von Hoyos, die Vorsitzende der Künstlervereinigung, ausdrücklich versichert, sondern weil Freys Arbeit aus Filz eine "zu kunstgewerbliche Anmutung" habe und deshalb nicht in die Ausstellung passe. Die trägt übrigens den Titel "1+1=1" und Simone Frey, die Kunstpädagogik und Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert hat, war und ist nach wie vor der Ansicht, dass ihr Beitrag gut zu dem Thema gepasst hätte. Er zeige, sagt sie, "die bundesrepublikanische Wirklichkeit nach der Wiedervereinigung".

Simone Frey ist seit 1995 Mitglied in der Künstlervereinigung und gehörte eine Zeit lang auch dem Vorstand an. Jetzt wundert sie sich aber doch über die Kleinkariertheit ihrer Künstlerkollegen. "Dass ein so kleines Zipfelchen von einem so kleinen Zwerg dazu führen kann, dass eine Arbeit abgelehnt wird", sagt Frey, "habe ich nicht gedacht." Die Begründung, das Material Filz habe eine zu kunstgewerbliche Anmutung, hält sie für vorgeschoben. Einen Grund, die Künstlervereinigung deshalb zu verlassen, sieht Simone Frey dennoch nicht. "Mir macht das nicht so viel aus", sagt sie. Ihr Ehemann, der Kunstmaler Günter Frey, sieht das anders. Er hat der Künstlervereinigung, die er für einen "Hobbymalerverein" hält, schon vor Jahren den Rücken gekehrt. Seine klare Haltung sieht er jetzt nur noch bestätigt. Die Freys haben, das ist ganz offensichtlich, ihren Spaß an der kleinen Provinzposse.

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