Süddeutsche Zeitung

Kunst im öffentlichen Raum:Die Kraft des blauen Glaskieses

Ein Verkehrskreisel kann zur Land-Art werden. An der Planegger Straße in Germering entsteht die Illusion einer Teichlandschaft. Die Umgestaltung ist der Kreativität zweier Bauhofmitarbeiter zu verdanken

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Gibt es einen Wettbewerb der am schönsten gestalteten Verkehrskreisel? Wenn es ihn gebe, dann würde der Kreisel am Ende der Planegger Straße/Ecke Am Forst in Germering, der gerade in Arbeit ist, sicherlich weit vorne landen. "Unser Gala-Bauer sind dort am Werk", teilt Michael Seeholzer, der stellvertretende Leiter des Germeringer Bauhofes, spürbar stolz mit. "Gala" meint Garten- und Landschaftsbauer. Es schimmert vor allem Blau am Kreisel -hellblau und dunkelblau. "Das Blaue ist eine Teichlandschaft", sagt Landschafts- und Gartenbauer Dirk Wenner. Ein Teich ohne Wasser.

Für Wasser steht der blaue Glaskies. Der schimmert wahrlich in hell- und dunkelblau. "Wir haben da Saphir- und Kobaltblau gemischt", erläutert Wenner, der die Gestaltung konzipiert hat und zusammen mit seinem langjährigen Arbeitspartner Alexander Klotz jetzt in die Praxis umsetzt. "Das ist wie am Eibsee", zieht Wenner einen Vergleich. "Die flachen Stellen sind heller, die tiefen dunkler." Mit Steinbindemittel ist der Glaskies trittfest gemacht worden, so dass auch niemand sich dort mit blauen Steinen bedienen kann. Wenner und Klotz warten noch auf den Clou der Teichlandschaftsillusion. Eine Bogenbrücke aus Holz wird noch über den blauen Teich angebracht. Höhepunkt wird dann die abendliche Beleuchtung des Teiches mit Brücke sein. Die Energie der Leuchten stellen Solarpanels bereit.

Beiden Bauhofmitarbeitern ist anzumerken, dass dieses Projekt, für das sie freie Hand haben, eine willkommene Abwechslung ist. Wenner und Klotz zeichnen für einige öffentliche Baumaßnahmen des Bauhofes verantwortlich. Zuletzt haben sie den Rathauspark neu gestaltet. Ebenso haben den Kleinkinderspielplatz am Germeringer See hergerichtet oder den dortigen Barfußpark gestaltet. Am Kreisel konnten sie ihrer Kreativität besonders freien Lauf lassen und ein Kunstensemble errichten. Einzig der Baum, eine Buche, blieb auf dem ehemaligen Kreisel, der zuvor sehr unwirtlich aussah, stehen. "Ich hätte lieber eine Trauerweide gehabt", sagt Wenner, aber auch mit der Buche könne man leben. Um diesen Baum herum haben Wenner und Klotz jetzt Rasen angesät. Aber nicht nur das. "Tausend Krokusse liegen auch drin", erklärt Wenner, "die werden im Frühjahr sprießen." Der Rasen ist vom Rest des Kreisels mit einem Band aus geschwungenen Cortenstahl abgetrennt worden. Der wird zwar rostig aussehen, hat aber drinnen eine Schutzschicht entwickelt, die das Durchrosten verhindert. "Das ist so wie bei den rostig aussehenden Leitplanken an den italienischen Autobahnen", so Klotz.

In der Mitte des Kreisels musste der Gully abgesenkt werden. Auch die neue Bepflanzung sticht ins Auge. Zu sehen sind Sträucher, die sich "Heavy-Metall-Gras" nennen. Zebra-Gras und Miscanthus-Gras, eine Art Schilfgras, zieren ebenfalls den Kreisel. Gepflanzt haben die beiden Akteure auch einen kanadischen Fliederbusch. Ebenso stehen jetzt zwei Bergkristall-Schieferblöcke in der Mitte. Ein Steinmauer-Eck gibt dem Kreisel noch zusätzliches Flair. "Wir hatten ein Budget zur Verfügung", erzählt Wenner. "Das haben wir auch eingehalten."

Auch Restbestände aus dem Bauhof, zum Beispiel an Steinen, würden sich im Kreisel wiederfinden. Der blaue Glaskies musste gekauft werden. Sie freuen sich über ihr gelungenes Werk. Einen inoffiziellen Wettbewerb haben Dirk Wenner und Alexander Klotz schon längst gewonnen. Und zwar den der Autofahrer, die während ihrer Bauarbeiten vorbeifahren. "Da gibt es ständig Daumen hoch", berichtet Wenner und lächelt dabei zufrieden.

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Quelle:
SZ vom 02.11.2018
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