Kunst der Miniatur:Die ganze Vielfalt der Krippen

Der Grafrather Harald Lehner hat eine Leidenschaft für die kleinen Darstellungen der Geburt Christi. In einer Ausstellung präsentiert er nun 20 verschiedene Versionen, darunter auch aus seiner eigenen Werkstatt

Von Manfred Amann, Grafrath

Figuren von Raffaele de Angelis gelten als künstlerische Meisterwerke unserer Zeit. Jeder Gesichtszug, jede Rockfalte und nahezu jedes Haar ist sauber herausgearbeitet, so dass man sogar auf die Gemütslage der dargestellten Person schließen kann. Eine Vielzahl dieser Angelis-Figuren ist in der von Kulturreferentin Sibylla Rathmann unter dem Motto "Kripperlschaun" organisierten Krippenausstellung in Grafrath zu bewundern, die noch an allen Wochenenden bis zum Jahresende gezeigt wird und am 6. Januar mit dem Einzug der Heiligen Drei Könige endet. Nicht minder künstlerisch wertvoll und eine Augenweide sind die Krippen, die Harald Lehner gebastelt und für die Ausstellung arrangiert hat. Ganz bedeutend dabei sind Krippenszenen, die nach der Methode des berühmten, weltbekannten, italienischen Krippenbauers Antonio Pigozzi aus Polystyrol und Korkrinde gefertigt sind. Mit speziellen Rezepturen werde Polystyrol mit einfachsten Mitteln "gealtert", so dass es von altem vergilbtem Holz oder alten Ziegeln oder Mauerwerk nicht mehr zu unterscheiden ist, verrät Lehner, der gerne abgestorbene Bonsai-Bäumchen für Krippenlandschaften verwendet.

"Die Bonsai-Zucht, ist neben Kastenkrippenbauen und Sammeln von altem Blechspielzeug mein drittes Hobby", verrät der 56-Jährige. Typisch für die Pigozzi-Methode sei auch das Fassen mit Gipsmörtel, einer eigenen Wischtechnik mit Pulverfarben ohne Grundierung. "Kastenkrippen sind hinten abgerundet, um Tiefe zu erreichen, wenn man den rückwärtigen Teil etwas absenkt, wird der Raum für das Auge noch tiefer", erklärt Lehner. Es werde sozusagen eine Art Scheinarchitektur genutzt, um Tiefenwirkung zu erreichen. Ein schönes Beispiel dafür ist die Darstellung der "Geburt des Christus in der Toskana". Große Tiefenwirkung hat aber auch die Szene "Königszug" der Heiligen drei Könige auf Kamelen durch eine Schlucht hoher Felsenwände vorbei an einer Tempel-Fassade. Ausgestellt hat Lehner auch seine erste Krippe, mit der er vor etwa sieben Jahren begann. Nur wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, was er an seinem Erstlingswerk selbst bemängelt: "Die Balken des Stadels sind niedriger als die Figuren groß sind, so dass sich diese Bücken müssten, außerdem stimmen die Proportionen nicht".

Stolz ist der Krippenbauer auf die Darstellung der Heiligen Familie in einer Nachbildung der alten Almhütte nahe der Pfandleralm bei Meran in Südtirol, in der einst der berühmt-berüchtigte österreichische Freiheitskämpfer Andreas Hofer vor der Verfolgung durch Napoleons Truppen Zuflucht fand, bis er verraten und im Januar 1810 verhaftet wurde. "Eine tolle Sache, Historisches mit Christlichem zu verbinden", findet Wilhelm Hörger aus Schöngeising, während seine Frau Claudia die filigran gearbeitete "Schreinerei" bestaunt, in der das Jesuskind seinem Vater Josef ein Brett zur Bearbeitung bringt. Als besonders schöne Krippe fällt die "Schneekrippe" ins Auge, in der die heilige Familie unter der Rampenbrücke der Auffahrt zum Stadel kauert. Und auch eine große Oberland-Hütte in bergiger Landschaft ist zu sehen. Eine Rarität ist die Szene, in der sich die Heilige Familie in einem gekenterten Boot aneinander kauert, während eine alte Frau eine Schale Milch bringt. Damit will Lehner zeigen, "wie ein Künstler aus einem Lehmbatzen eine solche Darstellung quasi heraus schabt". "Ich überlege mir nun, wie ich das ganze eindrucksvoll umbauen kann", so der Krippenbauer. Etwa 20 Krippenszenen sind in der Ausstellung zu sehen, die meisten hat Lehner in fantastische Landschaften in Kästen gesteckt. Klosterarbeiten von seiner Mutter, eine Sammlung und "Ulinger Krippenfiguren" runden die Ausstellung schließlich ab.

"Kripperlschaun" kann man jeden Samstag und Sonntag bis zum Jahresende im Kulturraum der Gemeinde Grafrath in der Brucker Straße 3 von 15 bis 18 Uhr. Zusätzlich an diesem Freitag. Der Eintritt ist frei.

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