Kultur:Scharfes Schwert und spitzes Wort

Moderator Joe Heinrich und seine Gäste bringen bei der inzwischen siebten Puchheimer Brettl-Nacht wieder Kabarett und Musik in angeregter Wirtshausstimmung zusammen und unterhalten das Publikum bestens

Von Emil Kafitz, Puchheim

Wenn auch nur zwei Mal im Jahr geöffnet, so hat das Wirtshaus "Zum Puchheimer" doch alles, was ein richtiges Wirtshaus ausmacht: Eine Theke mit Schankstation, eine rustikale Holztafel mit dem Namen der Gaststätte, zumindest als Projektion auf einer Leinwand, und einen Stammgast, der scheinbar niemals seinen Platz nahe der Bar verlässt. Auch wenn die meisten Gäste an Rotweingläsern statt an Maßkrügen nippen, verbreitet Moderator und Gastgeber Joe Heinrich in der Rolle des Wirtes schon bei der Begrüßung die richtige Stimmung. Mit Anekdoten aus dem Wirtshaus und solchen, die man dort hört, leitet er den Abend ein. Mit einem Lied, bei dem er sich selbst mit einem viersaitigen Banjo begleitet, verleiht er seinem Wunsch nach einer tatsächlichen Puchheimer Kneipe Ausdruck: "Vorgestern geschrieben, gestern geprobt, heute spiel´ ich ihn für euch: die kloane Kneipn!" Damit ist die mittlerweile 7. Brettl-Nacht im Puchheimer Kulturzentrum bereits im vollen Gange. Die Gäste: zwei Kabarettistinnen, ein Musiker und ein Schwertschluckweltmeister.

Puchheimer Brettl

Dem künstlerischen Nachwuchs eine Bühne bietet wieder einmal die Puchheimer Brettl-Nacht. Mit dabei: Liedermacher Marco Pagnin.

(Foto: Günther Reger)

Heinrich verschwindet hinter der Theke und lässt Raum für Theresa Rizos in der Rolle der kulturbewusst-bayerischen Jodlerin Franzi Riedinger. Mit Dialekt und unumstößlich positiver Weltsicht spricht sie über die Gesangskunst des Jodelns und baut dabei immer wieder Spitzen gegenüber der bayerischen Politik ein. Am Ende hat sie das Publikum soweit motiviert, dass es zum Klang ihres roten Akkordeons mitjodelt: "Und keine Angst: Es gibt keine Fehler, nur Variationen."

Puchheimer Brettl

Der Weltrekordler im Schwertschlucken Franz Huber.

(Foto: Günther Reger)

Der meistausgezeichnete Darsteller des Abends ist sicherlich Franz Huber, der fünffache Weltrekordhalter im Schwertschlucken. Mit seiner lockeren und humorvollen Art kommentiert er seine eigenen Kunststücke und beweist sein Showtalent bei kleinen Tricks wie dem Kauen von Glasscherben, aber auch bei spektakuläreren Aktionen, etwa dem Schlucken eines zweifach gewundenen Schwertes. Die zweite Kabarettistin des Abends vereint eigentlich zwei Kabarettistinnen in sich. Christina Baumer spielt sowohl Chris als auch deren Zwillingsschwester Tina. In deren Rollen spielt sie Jungschauspielerin und Kellnerin, Veganerin und Fleischliebhaberin, Stadt- und Landmensch manchmal direkt nacheinander. Dabei greift sie politisch und gesellschaftlich relevante Themen auf und nimmt beispielsweise Bezug auf ein Zitat der aktuellen bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Diese habe auf die Frage nach ihrer Qualifikation, dieses Amt auszuüben, geantwortet, dass sie ja vom Land komme: "Nach der Logik wäre ich doch eine super Heimatministerin - ich komm ja von dahoam!"

Puchheimer Brettl

Die bayerische Kabarettistin Theresa Rizos.

(Foto: Günther Reger)

Für die musikalische Untermalung des Abends sorgte der Liedermacher und Kabarettist Marco Pagnin. Der Münchner mit italienischen Wurzeln hatte Songs zur Gartenarbeit, der vorabendlichen Werbung und zu seinem letzten Tankstellenerlebnis parat. Er beschloss den Abend mit dem Titelsong zu seinem Album: "Der ist irgendwie für die Krisenbewältigung - Schenk noch mal nach."

Wenn der ganze Saal jodelt oder "Heit grob i a lo" mitsingt, über scharfklingige Schwerter staunt, über Zwillingsschwestern lacht und Joe Heinrichs das Publikum mit einem Puppenspiel mit Horst Seehofer, Markus Söder und Hubert Aiwanger in den Hauptrollen nach der Pause begrüßt, dann hat eindeutig das "Zum Puchheimer" mal wieder seine Tore geöffnet. Und wenn sich auch der letzte Gast persönlich beim Wirt verabschiedet hat, weiß man, warum es mehr Kneipen und Gaststätten dieser Art braucht. Am besten auch öfter als zwei Mal im Jahr.

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