Kultur-Premiere:Schlag auf Schlag

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Am Ende können sich die beiden Finalisten Philipp Podhast und Helmuth Steierwald (ganz rechts) die Flasche Schampus teilen. (Foto: KTV Alling)

In Alling steigt erstmals ein Poetry-Slam, die Moderation übernimmt Christian Bumeder alias Bumilo. Zwei Stunden lang wird aus dem nüchternen Pfarrsaal ein glitzernder Rap-Punk-Rock-Schuppen

Von Manfred Amann, Alling

Ein Poetry-Slam bringt Künstler, Entertainer, Freizeitdichter, Schreiberlinge, Um-die-Ecke-Denker, Kabarettisten oder Freigeister auf die Bühne, die mit selbst geschriebenen Geschichten oder Gedichten ohne Scheu, in welcher Form auch immer, Botschaften aussenden oder einfach nur anspruchsvoll unterhalten wollen. Comedy, Rap, Slapstick, klassisches Gedicht oder Kalauer, schrill, provozierend, knallbunt und doch meist poetisch - beim ersten Poetry-Slam in Alling am Samstag war all dies geboten.

Die Begeisterung der Zuschauer über das Pointen-Feuerwerk ist so groß, dass Moderater Bumilo den Pfarrsaal in einen "Rap-Punk-Rock-Schuppen" umtaufte. Zweifel der "Nachwuchs-Organisatoren" Lukas Ranftl und Annika Geigl vom Kultur- und Theaterverein Alling (KTV), das Spektakel könne vielleicht nicht so gut ankommen, erweisen sich als völlig unbegründet. Da die meisten Besucher auf dem Feedback-Flyer "megageil" ankreuzen, dürfte es zudem bald eine weitere Vorstellung in Alling geben.

Stühle tragen ist angesagt, und die Hochstimmung zwei Stunden lang ist garantiert. Eine Grundregel bei dem Wettbewerb laute "Respect the Poet" erklärt Bumilo, der bürgerlich Christian Bumeder heißt und seit 2012 durch den Schwabinger Poetry-Slam im Münchner Lustspielhaus führt. Dort haben ihn die KTV-Organisatoren Lukas und Annika kennen gelernt und beschlossen, den Poetry-Slammer und weitere vier erfahrene und teils preisgekrönte Bühnenpoeten in den Landkreis zu holen. Diese Art der Bühnenpräsentation sei in den Achtzigerjahren in Chicago aufgekommen und habe etwa 1997 den deutschsprachigen Raum, "und heute endlich Alling", erreicht, erzählt Bumilo augenzwinkernd. Nach einigen Applausübungen, die notwendig seien, weil er als Schiedsrichter durch das Gejohle, Pfeifen, Stampfen, Rufen, Trommeln und Klatschen die Bewertung vornehmen müsse, wird Bumilo zum "Opferlamm", wie die Slammer den "Anheizer" nennen, um dann ungestüm "durch die Boazn zu hoazn".

Den Anfang im Dichterwettstreit macht Philipp Podhast aus München, der sich selbst von allen Seiten beleuchtet und dann feststellt: "Ich bin der schönste Mensch der Welt" - Schönheit liege freilich im Auge des Betrachters. Für die Ernährung tue er alles, rapt er, "bis ich nachts aufwache und zum Fleischfresser werde und im Traum Nilpferde verschlinge". Metro Madrid aus München arbeitet sich am "Bullshit-Leben" ab und lässt alle in den Genuss seiner Erkenntnisse kommen, wie dieser: "Am FKK-Strand kann der Exhibitionist einpacken".

Zum Sieger des ersten Teils wird Podhast per Applaus gewählt. Nach der Pause - die der Versorgung mit Getränken und KTV-Snacks dient, ist wieder Bumilo dran: "I red wia i red - so is ma da Schnabl gwachsn". Mit großer Begeisterung wird Mike Harms aus dem Nachbarort "Guiching mit drei ui" empfangen. Sie erzählt über Erlebnisse als Poesie-Pädagogin bei Elterngesprächen mit Pseudo-Philosophen, Biologen und "ganz Gscheite", "wo mit jeder Wortmeldung das kommunikative Niveau sinkt". In ihrem Gedicht Fink-twice (statt Think twice) lässt sie einen Vogel über das Leben philosophieren.

Gegen den Comedian Helmuth Steierwald aus Nürnberg kommt Harms jedoch nicht an. Als gut sprechender Ausländer gibt dieser in Versen seine Erlebnisse wieder und überzeugt als Lebensmittelchecker, für den Weihnachten eine kulinarische Eskalation ist. Den obligatorischen Siegerpreis, eine große Flasche Sekt, dürfen sich am Ende die Finalisten Podhast und Steierwald teilen.

© SZ vom 27.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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