Kultur:Kunst nach Aristoteles

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"Die Kugel und ihr Hocker" heißt die Installation von Friedo Niepmann, in der aus zerbrochenen Holzstücken etwas Neues entsteht. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Unter dem Titel "Das Ganze und seine Teile"präsentieren die Mitglieder der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck in ihrer Jahresausstellung aktuelle Arbeiten.

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es ist ein Satz, der für jedes Kunstwerk - und freilich vieles Weitere auf der Welt und im Leben - passt: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile". Diese Weisheit, die auf einen im Original etwas komplexeren Absatz von Aristoteles zurückgeht, hat die Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck nun mit dem Thema ihrer Jahresausstellung "Das Ganze und seine Teile" aufgegriffen. Ein spannender Ansatz, denn diese für die Kunst so offensichtliche Erkenntnis umzusetzen, verlangt von den Künstlerinnen und Künstlern einige Kreativität, um nicht in die Falle zu tappen, die solche weit offenen Überthemen immer mit sich bringen. Nämlich einfach irgend eine aktuelle Arbeit - oder gar eine aus dem Depot - auszustellen, weil letztlich ja irgendwie alles thematisch reinpasst. Wem das wie gut gelungen ist, können nun die Besucherinnen und Besucher von diesem Freitag an im Haus 10 in Fürstenfeldbruck selbst erkunden und bewerten.

Jeanne Dees "No Risk No Fun" dekonstruiert sich vor den Augen des Betrachtenden quasi selbst. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Einen interessanten Ansatz hat beispielsweise Jeanne Dees für ihre Installation "No Risk No Fun" gewählt. Dees ist Tape-Künstlerin, arbeitet, banal gesagt, also mit farbigen Klebebändern. Ihre ausgestellte Arbeit ist mehrteilig. Zum einen besteht sie aus einem abstrakten Tape-Art auf einer Holzplatte. Spannend wird es, weil sie daneben weitere Streifen auf der weißen Wand anbringt. So "zerfließt" das Ganze in seine Einzelteile, die Arbeit dekonstruiert sich vor dem Auge des Betrachtenden selbst. Den Abschluss bildet ein leerer zweiter Rahmen am Boden. So kann "No Risk no Fun" einerseits das Gefühl von Unsicherheit und Instabilität vermitteln, aber auch von Freiheit, dem Ausbruch aus vorgegebenen Regeln und Grenzen.

Kritik an Fleischkonsum und Massentierhaltung übt Hanna Strahl in ihrer Kollage. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein ganz konkretes gesellschaftliches Thema verarbeitet Hanna Strahl in ihrer Kollage "Vom Ganzen in seine Teile". Auf zwölf Bildern zeigt sie Tiere in Massentierhaltung, verängstigt, bei der Schlachtung. Dazu kommen Schautafeln von Kuh, Schwein und Huhn, auf denen die Fleischteile eingezeichnet sind, die der Mensch isst, und zum Abschluss macht sie aus jedem Tier ein Gericht, ansprechend angerichtet. Die Arbeit lässt sich als deutliche Kritik am Fleischkonsum und dem Eingriff des Menschen in die ökologischen Prozesse verstehen. Dazu passt auch eine kleine Arbeit von Waltraud Flickinger. "Große Sauerei auf kleinem Raum" besteht aus vielen kleinen Plastikschweinen, die auf einen Holzhocker geklebt sind. Auch hier die Botschaft: Die Massentierhaltung auf engsten Raum ist wortwörtlich eine große Sauerei.

Einen Baumstamm zerlegt Hilde Seyboth in seine Teile. Im Hintergrund nutzt Bernhard Heller alte Bilder als Leinwand für neue Gemälde. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Mit der Wiederverwertung alter Kunstwerke als Teil von einem neuen Ganzen beschäftigen sich sowohl Charlotte Panowsky als auch Bernhard Heller. Bei beiden werden frühere Werke zur Grundlage neuer Arbeiten. Kunstrecycling sozusagen. Panowsky hat dafür Acryl- und Ölgemälde zerschnitten und die Stücke zu dreidimensionalen geometrischen Objekten verwoben. Heller dagegen macht seine alten Gemälde zur Leinwand für drei neue Gemälde. Das Alte wird in einer der Arbeiten zum bunten Farbraum im Hintergrund, unterbrochen durch ein weißes Karomuster, auf dem eine geradezu banale Alltagsszene Platz findet: eine Hand, die eine große Portion Eis hält. Gerade diese Einfachheit ist es, die dem Betrachter einen einfachen Zugang ermöglicht, die möglicherweise Erinnerungen und Emotionen weckt.

Als kreatives Spiel zwischen Ordnung und Zufall bezeichnet Stefan Wehmeier seine Keramikobjekte. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Frage des Kunstschaffens ist auch Thema des Gemäldes von Kerstin M*er. Auf einem grünen Hintergrund zeichnet sie einfache Formen und Figuren, schemenhaft. Nicht fertig, sondern eher im Werden. Die Arbeit erinnert an einen mysteriösen Waldspaziergang. M*er geht es darum, den Anfangsmoment des künstlerischen Prozesses einzufangen. Die Zeit, in der Ideen entstehen, gefiltert werden, immer konkreter werden. Den Moment, in dem noch alles möglich ist, bevor sich langsam das Motiv durchsetzt, das die Betrachtenden letztlich sehen.

Insgesamt beteiligen sich knapp 40 Künstlerinnen und Künstler an der Präsentation, die als Jahresausstellung durchaus der Höhepunkt des Programms des größten Kunstvereins der Stadt ist. Damit ist sie eine gute Gelegenheit für alle Kunstinteressierten, sich einen Überblick über das zu verschaffen, was die Kreativen in der Stadt aktuell beschäftigt. Überraschendes ebenso inklusive wie ganz Traditionelles - wie gewohnt auf hohem handwerklichen Niveau.

Ausstellung "Das Ganze und seine Teile" der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck, Haus 10, Eröffnung an diesem Freitag von 19.30 Uhr an. Danach zu sehen bis zum 10. April. Geöffnet jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr

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