Kritik:Comedy mit Reflexion

Lesezeit: 2 min

Simon Pearce widmet sich Vorurteilen und Ängsten

Von Katharina Proksch, Germering

Ein bisschen Weltfrieden wäre wünschenswert, stellt Simon Pearce fest. Trump, Atomsprengköpfe, zwölf Prozent für die AfD - es gibt einiges auf der Welt, das den Frieden stört. Doch Weltfrieden beginnt im Kleinen: "Bevor der einzelne nicht die Ruhe in sich selbst gefunden hat, wird das nix mit dem Weltfrieden", ist sich der gebürtige Puchheimer sicher. "Sei Rua ham." Das habe der Bayer mit einer Mass Bier im Biergarten und werde darum beneidet. "Sitzt da aber der Afrikaner, ist er faul und ruht sich auf dem deutschen Sozialsystem aus!" Solche und andere Vorurteile stören Pearce' innere Ruhe. Der 36-jährige Schauspieler und Comedian weiß, wovon er spricht. Er ist Sohn der Volksschauspielerin Christiane Blumhoff und eines Nigerianers.

Sein zweites Programm "Pea(r)ce on Earth", mit welchem er jetzt auf Tour ist, schließt an die lebhaften Anekdoten seiner Kindheit des ersten Programms an. Mit überzeugender Parodie zeigte er jetzt bei seinem Gastspiel in der Germeringer Stadthalle alltäglichen Rassismus auf, die sein Leben schreibt. Bleibt er in der Bahnhofshalle nur einmal zu lange stehen, weil er sich nicht zwischen Leberkässemmel und Chickenwings entscheiden kann, fordert ihn schon das Sicherheitspersonal auf, seinen Koffer zu öffnen. Als "Schwarzer" könne er sich eben nicht alles leisten. Die Menschen wollten ja, dass sich ihre Vorurteile bestätigen, positive Erlebnisse mit Ausländern zum Beispiel, seien für viele dann nur Ausnahmen, konnte Pearce beobachten.

Doch als Comedian auf der Bühne darf er so einiges und nimmt deshalb auch seine Freunde und seine Familie aufs Korn: "Meine weißen Freunde sind näher am Affen als ich!" Auch Vertreter aus Politik blieben nicht verschont.

Doch nicht nur Vorurteile im Allgemeinen, sondern auch Ängste bringen Pearce' innere Ruhe aus dem Gleichgewicht. Umso wichtiger sei es, sich seinen Ängsten zu stellen und diese loszuwerden. Bei zahlreichen Flugreisen habe er sich erfolgreich seiner Flugangst gestellt, für die Bühne allerdings hätte ein Flug gereicht. Im fremden Land angekommen, musste er peinlich berührt feststellen, dass er deutschen Klischees gerecht wird: pünktlich und korrekt. Diese seien ihm - ironischerweise - vom Vater beigebracht worden.

Dass Simon Pearce im Scheinwerferlicht keine Angst hat, war im voll besetzten Amadeussaal nicht zu übersehen. Dort saßen für ihn bekannte Gesichter aus Puchheim und gar seine ältere Comed Schwester. Seine Gestik und Mimik brachten ihn ganz schön ins Schwitzen und doch hatte man das Gefühl, dass er hier seine innere Ruhe gefunden hat. Erfolgreich stellte er ein Gleichgewicht zwischen unterhaltsamer Comedy und kurzen, ruhigen Momenten des Nachdenkens und Reflektierens über das Weltgeschehen und des eigenen Verhaltens her, ohne damit jemandem auf die Füße zu treten.

Noch mehr Geschichten hat er jetzt in einem Buch mit dem Titel "So viel Weißbier kannst gar ned trinken" verarbeitet. Beim kurzen Vorlesen fühlte er sich nicht gar so wohl, scheint es. Er braucht die Bewegung, um Ruhe zu finden.

© SZ vom 23.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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