Konzert:Mitten ins Herz

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B.B. & The Blues Shacks versprühen Leidenschaft

Von Jörg Konrad, Fürstenfeldbruck

Der Blues hat schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel - und trotzdem trifft er die Menschen, selbst während ihrer ersten Begegnung, noch immer mitten ins Herz. Er besitzt dieses Archaische, dieses Ursprüngliche, was weit mehr und anhaltender wirkt als jede zeitgemäße Modeströmung. Weil in der Einfachheit des Blues etwas Grundlegendes steckt, etwas, das man auch als überlieferte Volkskunst bezeichnen könnte. Und für diese sind wir, wie es scheint, sensibel und empfänglich.

Deutlich wurde dies, als im Veranstaltungsforum Fürstenfeld in der bereits seit 2009 existierenden Reihe "Blues First" das Quintett B.B. & The Blues Shacks auftraten, eine Fünf-Mann-Formation aus dem Raum Hannover/Hildesheim, die sich den Rhythm & Blues, den Swing und Rock'n' Roll auf die eigenen Fahnen geschrieben hat. Es ist Musik, wie sie in Memphis/Tennessee Mitte der 1950er Jahre entwickelt, gespielt und produziert wurde und die auch heute noch eine ebensolche elektrische Wirkung entfacht wie zu Zeiten ihrer Entstehung.

Aber B.B. und seine Mannen durchstreifen auch die musikalischen Zentren von Texas, Louisianna, Chicago und Tennesse, werden in stilistischen Zwischenräumen der Altmeister ihres Genres fündig und schaffen temperamentvoll einen Spagat zwischen Retro- und Old-School-Sounds und modernen Arrangements. So, wie die Gebrüder Arlt, mit Michael (Gesang und Mundharmonika) und Andreas (Gitarre) ihre Obsessionen umsetzen, lassen sie in ihren Konzerten (es sollen mehr als 4000 sein, die sie in den 32 Jahren ihres Bestehens gespielt haben) auch Versatzstücke aus Jazz und Boogie Woogie, Jump, Shuffle und auch Folk und Soul aufblitzen. Das ist im Grunde keine Musik, die in irgendeine Schublade passt, und als Gegenpol zu jeder Form von Schwermut könnte man ein Konzert von B.B. & The Blues Shacks auch als eine Art Antidepressivum als Rezept verschreiben.

Im Gegensatz zu vielen ihrer ganz persönlichen sind sie aber weniger sparsam im Gebrauch und Einsatz von musikalischen Mitteln. Im Gegenteil. Das was sie spielen, ist prallvoll mit Energie, manchmal regelrecht wuchtig und zum Großteil tanzbar. Zeitweise glaubte man das Rauschen von luftigen Petticoats und das Knistern x-mal abgespielter Schellacks zu hören. Im Grunde wird jedoch immer wieder deutlich, dass es der Blues ist, der als die Handwerksgrundlage einer jeden musikalischen Idee an diesem Abend Pate steht. Ohne seine Seele, sein Herz würde die Musik anders klingen. Und gleichzeitig ist es diese Leidenschaft für den Blues, die die Band über die karge Zeit der Pandemie gerettet hat. Eine solche Passion geht nicht über Nacht verloren - sollte der Stillstand auch ein ganzes Jahr oder länger dauern. Zudem gibt es, wie in Fürstenfeld, ein Publikum, das auf diese Momente wartet und sie begeistert aufnimmt.

© SZ vom 07.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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