Konzert:Gleichschritt mit Abstrichen

Bläserquintett

Sitzgelegenheiten? Fehlanzeige! Die dänischen Musiker sind dafür bekannt, dass sie lieber im Stehen spielen.

(Foto: Günther Reger)

Carion-Bläserquintett offenbart beim zweiten Gastspiel kleine Schwächen

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Bläserquintette in der Besetzung Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott gibt es inzwischen viele - allein in den Konzertreihen im Landkreis waren bereits mehrere zu hören. Der Klang ist beim Publikum sehr beliebt, die Originalliteratur dagegen relativ schmal, sodass alle Bläserquintette auch auf Bearbeitungen angewiesen sind. Das dänische Carion Bläserquintett mit Dóra Seres (Flöte), Egils Upatnieks (Oboe), Egīls Šēfers (Klarinette), David M. A. P. Palmquist (Horn) und Niels Anders Vedsten Larsen (Fagott) war bereits im März 2014 zu Gast in der Fürstenfelder Konzertreihe und gastierte am Samstag erneut im Stadtsaal. Sein Markenzeichen ist das auswendige Spiel im Stehen, so dass die Bühne zur Aktionsfläche der Musiker wird: Es handelte sich dabei nicht um eine Choreografie im eigentlichen Sinn, doch nahmen die Schritte und Bewegungen der Künstler Bezug auf den Verlauf der Musik. Musikalische Strukturen wurden so visualisiert und die Rollenverteilung innerhalb der Instrumente verdeutlicht.

Was als optische Erweiterung der Musik beeindruckte, stellte zusätzliche Anforderungen an das Musizieren in der Gruppe: Räumliche Nähe und Distanz wurden zwischen den Musikern flexibel definiert und veränderten auch ständig das gegenseitige Zuhören im Ensemble. Wolfgang Amadeus Mozarts Serenade in Es-Dur KV 375 ist eine wunderbare Harmoniemusik und erklang hier in einer Bearbeitung für Bläserquintett. Zur überzeugenden Interpretation kann es aber nur kommen, wenn der filigrane Satz und die klangliche Differenzierung mit großer Sorgfalt umgesetzt werden. Leider blieb die dynamische Abschattierung oft marginal, obwohl Mozart dazu ausreichend Angaben gemacht hat. Gerade an den Phrasenenden geriet das Zusammenspiel mitunter nicht präzise genug. Was gut gelang, war über weite Strecken ein Musizieren auf gemeinsamem Atem sowie eine sehr aktive Tongebung.

Die Werke nach der Pause von Dmitri Schostakowitsch und Franz Liszt profitierten ganz wesentlich von der Tatsache, dass ihre Faktur nicht so transparent und damit fragil ist. Vielleicht waren die Carion-Künstler, die das Zentrum ihrer Arbeit in der Musik ab dem 19. Jahrhundert sehen, hier auch eher zu Hause. In der Bearbeitung von Liszts Mephisto-Walzer Nr. 1 setzten die Musiker auf eine sehr plastische Wiedergabe mit theatralischer Spannung, so dass sich die Zuschauer die einzelnen Charakterbilder lebendig vorstellen konnten. David M. A. P. Palmquist hatte nicht nur das Arrangement angefertigt, sondern zuvor auch die zugrunde liegende Geschichte erzählt. Schostakowitschs Suite für Bläserquintett "Tahiti Trot" war eine effektvoll instrumentierte Fassung des Evergreens "Tea for two". In der Art einer Jazzballade gab es hier nicht nur schmachtende Solisten, sondern im Verlauf auch viele verschiedene Klangfarben.

Auf schlichte Tongebung und konsequent durchgehaltene Tempi setzten die Musiker in Ferenc Farkas' fünf alten ungarischen Tänzen aus dem 17. Jahrhundert. Den Anfang machte die Intrada mit einem Schreittanz, am Ende stand ein quirliger Springtanz, dessen virtuose Spielfiguren an eine Treibjagd erinnerten. Die an sich hilfreichen Erläuterungen zu den einzelnen Werken hatten einen launigen Charme, drifteten allerdings angesichts ihrer Überlänge immer wieder in Geschwätzigkeit ab. Der sehr freundliche Applaus am Ende fand seine Antwort in einer Zugabe. Die zweite Zugabe ging freilich im Aufstehen und Hinausgehen der Konzertbesucher fast unter.

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