Kommunalwahl im Landkreis Fürstenfeldbruck:Kandidaten auf unsicherem Posten

Die FDP und Die Partei verfügen bereits über Mandatsträger. Die Linke und die AfD sind als kleine Parteien auf dem Sprung in die Gremien

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Kostet das FDP-Wahldesaster um Thomas Kemmerich in Thüringen bei der Ministerpräsidentenwahl den Liberalen bei den Kommunalwahlen im Landkreis am 15. März Stimmen oder ist Erfurt zu weit weg? FDP-Landratskandidat Ulrich Bode betrachtet die Turbulenzen um die von der AfD unterstützte umstrittene Wahl seines Parteikollegen als kleineres Übel, als die Ausgangslage 2014, als die FDP ein Jahr zuvor aus dem Bundestag geflogen war. Bode ist sich sicher: "Der Unfall in Thüringen ist nicht so groß wie der 2013."

Die FDP gehört im Landkreis zu den ganz kleinen Parteien. Im Kreistag sitzt Bode zusammen mit dem 69-jährigen Brucker Liberalen Klaus Wollenberg. Auch die ÖDP stellt zwei von 70 Kreisräten. Die Linke tritt erstmals für den Kreistag an. Neu ist auch die Kandidatur der AfD, die allerdings nur für den Kreistag antritt.

Die AfD-Liste für den Kreistag führt Christian Müller, 47, aus Emmering vor dem Egenhofener Immobilienberater Peter Banholzer, 59, an. Florian Jäger, 49, Olchinger Gründungsvorsitzender des AfD-Kreisverbandes 2013, kandidiert auf Platz drei. Aussagen zur Politik im Landkreis finden sich auf Jägers Facebookseite nicht. Dort kommentiert er aber fast täglich allgemeine politische und gesellschaftliche Ereignisse. Jägers Wahrnehmung ist da speziell, wenn er Deutschland schon mal als "Diktatur im Endstadium" oder als "totalitären Staat" bezeichnet. "Der Landkreis gehört zu den am höchsten verschuldeten", sagt Jäger auf Nachfrage der SZ, "da wollen wir wirtschaftliche Vernunft in den Kreistag reintragen." Bezahlbarer Wohnraum sei kein Thema für den Landkreis, weil dafür die Bundesebene verantwortlich sei. Die Partei hat jedoch ein hausgemachtes Problem. Sie konnte nur 18 Kandidaten, darunter zwei Frauen, für die Kreistagswahl aufstellen. Das Wahlrecht sieht vor, um neue oder kleinere Gruppierungen nicht zu benachteiligen, dass jede Partei ihre Kandidaten dreimal auf dem Stimmzettel aufführen darf. Bei der AfD macht das dann in der Summe 54 Kandidaten aus. Jeder Wähler für den Kreistag hat jedoch entsprechend der Anzahl der Sitze 70 Stimmen zu vergeben. "Macht ein Wähler zum Beispiel das Listenkreuz bei dieser Partei, bekommt sie nur 54/70 der Stimme, also keine volle Stimme gutgeschrieben", erläutert Wahlleiter Robert Drexl vom Brucker Landratsamt das Wahlverfahren. Das gilt auch für die Wahlen in den Städten und Gemeinden. Insgesamt hat der Kreistagswähler eine enorme Auswahl: 536 Bewerber stehen auf dem Wahlzettel. Die AfD hat keinen Landratsbewerber aufgestellt und kandiert außer für den Kreistag in keiner Kommune des Landkreises.

Symbolfoto FDP

Die FDP gehört im Landkreis zu den ganz kleinen Parteien.

(Foto: Günther Reger)

Ein Mandat ist in den Großkommunen im Osten des Landkreises für die FDP die Regel. In Puchheim kandidiert die Partei mit Martin Koch an der Spitze nach vielen Jahren wieder. In Emmering will Robert Bauer erneut in den Gemeinderat einziehen. Mit Maximilian Gerber hat die FDP dort auch einen Bürgermeisterkandidat aufgestellt. In Maisach will mit Marie-Therese Baur ein junges FDP-Mitglied erstmals für die Partei in den dortigen Gemeinderat einziehen. Bode tritt wieder als Landratskandidat an, obwohl er für seine 2,04 Prozent bei der Wahl 2014 von seinem parteiinternen Herausforderer Herwig Bahner (ehemals CSU) kürzlich bei der Kandidatenaufstellung verhöhnt wurde. Bahner, 60, findet sich auf den aussichtslosen Platz 14 für den Kreistag wieder. Für den Brucker Stadtrat hat die FDP Bahner auf Platz drei hinter Wollenberg und Verena Coscia nominiert. 3,04 Prozent reichten 2014 im Kreistag für zwei Sitze. "Wir hoffen diesmal auf mindestens drei Sitze, dann hätten wir Fraktionsstärke", sagt der 57-jährige Bode. "Wir wollen uns im Landkreis vor allem um die Ansiedlung von Unternehmen bemühen", so Bode, "um die Gewerbesteuereinnahmen zu erhöhen."

Mehr Stimmen als die FDP bekam 2014 die ÖDP, die Ökologisch-Demokratischen Partei, mit 3,36 Prozent. Damit ist die ÖDP/Parteifreie, wie sie offiziell firmiert, so etwas wie der "König" unter den Kleinen im Kreisgremium. Seit 2018 ist der Brucker Stadtrat Dieter Kreis auch ÖDP-Kreisvorsitzender. In Bruck verfügt die Partei nach dem Übertritt von Alexa Zierl über zwei Mandate. Die ÖDP plakatiert, dass sie auf den Bayerischen Landtag bezogen die erfolgreichste außerparlamentarische Oppositionspartei ist. Da ist etwas dran, hat doch die ÖDP das Volksbegehren "Rettet die Bienen" auf den Weg gebracht und vor einigen Jahren auch den Nichtraucherschutz durchgesetzt. ÖDP-Kreisrat Christian Holdt, wie Kreis im Hauptberuf Marktforscher, hat auf der aktuellen Liste Carmen Greiff den Spitzenplatz überlassen. Nach Greiff, eine Germeringer Musik- und Religionslehrerin, und Holdt folgen auf Platz drei Maria Hammer aus Fürstenfeldbruck und auf vier der bisherige Kreisrat Max Keil aus Puchheim. Kreischef Kreis hat er sich erst auf Platz 13 nominieren lassen. "Ich will mich auf den Brucker Stadtrat konzentrieren", sagt der 51-jährige Kreis. "Da wollen wir die zwei Mandate halten und wenn möglich ausbauen." Für den Landkreis habe die große 5 G-Veranstaltung mit 150 Besuchern im vergangenen Herbst in Olching, bei der die mögliche schädliche Strahlengefahr durch 5 G herausgearbeitet wurde, Rückenwind gegeben. "Die Grünen haben dazu keine eindeutige Haltung", sagt Kreis, um sich abzugrenzen und kritisiert den politischen Mitbewerber: "Bei Volksbegehren springen die Grünen immer gerne mit auf." Die ÖDP kandidiert auch wieder in Olching, wo sie bisher ein Mandat hält und ebenso in Germering mit momentan zwei Sitzen.

Kommunalwahl im Landkreis Fürstenfeldbruck: Mehr noch als die Mitbewerber müssen die Kandidaten der kleinen Parteien im Kommunalwahlkampf auf sich aufmerksam machen:

Mehr noch als die Mitbewerber müssen die Kandidaten der kleinen Parteien im Kommunalwahlkampf auf sich aufmerksam machen:

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Linke hat es im Gegensatz zur AfD geschafft, 28 Personen für eine erstmalige Kreistagskandidatur zu mobilisieren und schafft bei dreimaliger Aufführung der Kandidaten die Marke 70. "Das war nicht ganz einfach gewesen", räumt Ernestine Martin-Köppl ein, die auch noch als Landratskandidatin antreten wird. Auch das ist eine Premiere für Die Linke. "Wir müssen endlich auch auf lokaler Ebene Präsenz zeigen", sagt die Bürokauffrau Martin-Köppl, 60, die in Emmering wohnt. Die Kreistagsliste wird von Jörn Weichold angeführt. Der 54-jährige Spitzenkandidat arbeitet als Heilerziehungspfleger und gehört ehrenamtlich dem Brucker Behindertenbeirat an. Ihm folgt Martin-Köppl auf Platz zwei, danach reihen sich Stefanie Lehenmeier und Daniela Paulus (beide aus Germering) auf. Die ehemalige Krankenschwester Martin-Köppl möchte sich, wird sie in den Kreistag gewählt um den Bereich Pflege kümmern und sich dafür einsetzen, dass in der Kreisklinik nicht die eine oder andere Abteilung geschlossen wird. Diese Gefahr sieht die 60-jährige Linken-Kandidatin durchaus. Sie will im Kreistag "nicht mit der Keule kommen", bekräftigt sie nachdrücklich, sondern mit fortschrittlichen Kräften "gemeinsam etwas zum Guten verändern".

Die Linke kandiert auch erstmals für den Stadtrat in Fürstenfeldbruck und in Germering. In Bruck führt Ortssprecher Adrian Best die Liste an. Bekanntester Kandidat ist Axel Lämmle, der 2014 vergeblich für die SPD Oberbürgermeister werden wollte. In Germering ist es die alleinerziehende Mutter Stefanie Lehenmeier, 29, die sich als ehemalige Elternbeiratsvorsitzende des Kindergartens Sankt Martin im Stadtrat besonders für die Kinderbetreuung stark machen will. Der Linken-Liste in Germering fehlt es jedoch an ausreichend Kandidaten, um jeweils die volle Stimmenzahl zu erreichen. "Ich bin ein Gerechtigkeitsmensch", sagt Lehenmeier von sich und will sich auch für eine gerechte Verteilung von städtischem Wohnraum einsetzen. 15 Wohnungen werden gerade in der neuen Wohnanlage auf dem ehemaligen Morigl-Gelände an der Landsberger Straße vergeben.

Kommunalwahl im Landkreis Fürstenfeldbruck: undefined

Und da ist noch "Die Partei", gerne als Spaß- oder Satirepartei bezeichnet. Ihr Matador im Brucker Stadtrat ist Florian Weber, 33, der dort Einzelkämpfer ist. Das soll nicht so bleiben. Ohne große Mühe haben die Aktivisten um Weber eine 40er-Liste für den Stadtrat auf die Beine gestellt. Auch das große Hindernis etwa 200 Unterschriften für die Zulassung zur Kandidatur zu sammeln, hat "Die Partei" geschafft. Schließlich waren es 215 beurkundete Unterschriften, die beim Wahlleiter landeten. Auf der Brucker Liste sind 13 Frauen und auch zwei Kandidaten aus der Ü 50-Generation zu finden. Doch die Hauptzielgruppe sind junge Menschen, vor allem Erstwähler. Das klappte bei der Europawahl im vergangenen Jahr schon sehr gut. Da hat "Die Partei" von den Erstwählern neun Prozent bekommen, einen genauso großen Anteil wie die CSU, bei der in Sachen Jungwähler seitdem alle Alarmglocken läuten. "Die Partei", die das Wählervolk schon mal als "Wahlvieh" verhöhnt, droht in ihrem Programm immer noch damit, die Brucker Amperbrücke zu sprengen. Zudem sollen Favelas, Wellblechhütten, als eine Art Sozialprojekt am Amperufer, gebaut werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: