Kommunalpolitik:Diskussionsscheue SPD

Bei der Kommunalwahl im Frühjahr haben die Germeringer Sozialdemokraten eine herbe Niederlage erlitten. Doch eine Aufarbeitung der Gründe bleibt in der Mitgliederversammlung aus

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Bei der Kommunalwahl wurde die Germeringer SPD schwer gebeutelt. Mit einem personell veränderten Ortsvorstand wollen die Sozialdemokraten verlorenes Terrain zurück gewinnen. Für die bisherige Vorsitzende Tinka Rausch wurde Klaus-Peter Müller von der Mitgliederversammlung zum neuen SPD-Ortschef gewählt. Stadträtin Rausch bleibt erste Stellvertreterin. Dafür schieden die bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Centa Keßler und Waltraud Schmidt-Sibeth aus dem Vorstand aus. Zweiter Stellvertreter ist der 44-jährige Christian Gruber. Eine Debatte über die unerwartet hohe Wahlniederlage der SPD bei der Oberbürgermeister- und Stadtratswahl führte die Versammlung nicht. Zur Aussprache über den Rechenschaftsbericht von Tinka Rausch meldete sich keines der anwesenden 33 Mitglieder. Dabei hatte die scheidende Vorsitzende einige markante Stichworte geliefert. "Das Ergebnis war bitter für uns", blickte sie auf den März dieses Jahres zurück, als der SPD-Kandidat Robert Baumgartner bei der OB-Wahl nur auf 16,39 Prozent kam und dem CSU-Amtsinhaber Andreas Haas (71,63 Prozent) deutlich unterlag. Die SPD-Stadtratsfraktion verkleinerte sich zudem von elf auf acht Mandate im Stadtparlament (40 Sitze). "Das war niederschmetternd", legte Rausch nach. Dabei habe sich der damalige Ortsvorstand "so in den Wahlkampf reingehängt".

Das war eine "Pro-Haas-Wahl" begann Rausch ihre kurze Ursachenforschung. Dann kam sie auf die "hohen Grundstückspreise" in Germering zu sprechen. "Die Doppelhaushälften, die gebaut werden, werden nicht an das SPD-Klientel verkauft", zeigte sich die 49-jährige Politikerin überzeugt, dass der Zuzug nach Germering nicht ihrer Partei hilft. Auch die SPD-Stammwähler seien zu Hause geblieben, entnahm Rausch offenbar der Wahlbeteiligung, die besonders in den ehemaligen WWK-Hochbauten in Neugermering niedriger als sonst gewesen sei. Auf mögliche eigene Fehler der Germeringer SPD, der ein zündendes Thema fehlte, mit dem sie sich hätte profilieren können, ging Rausch nicht ein. Auch die um drei Mandate geschrumpfte Stadtratsfraktion redete Rausch schön. "Wir haben uns die wichtigsten Referate gesichert und stellen wieder den Dritten Bürgermeister", sagte sie spürbar zufrieden, "da sind wir auf dem richtigen Weg." Rausch stellte ernüchtert fest, dass nur bekannte Leute bei der SPD gewählt wurden und deshalb "kein neuer Kopf im Stadtrat sitzt". Alles diskussionswürdige Argumente, aber keiner der Anwesenden hatte Lust auf eine Debatte.

Die Versammlung schwelgte lieber in Erinnerungen an die für die SPD glorreichen Zeiten in Germering. Die verbinden sich auch mit dem inzwischen 80-jährigen Harald Kux, der für seine Verdienste um die SPD die Willy-Brandt-Medaille, die höchste Auszeichnung der Partei, erhielt. Kux wurde 1971 SPD-Ortsvorsitzender im damals noch selbständigen Germering. Erst 1978 wurde es mit Unterpfaffenhofen zusammengelegt. Er berichtete davon, dass damals eine große Gruppe von Menschen nicht in die SPD aufgenommen wurde. "Da mussten wir noch erklären, warum wir in die SPD aufgenommen werden wollen", erinnerte sich Kux gut. Er wurde damals in einer Kampfabstimmung mit 61 zu 59 Stimmen zum Ortsvorsitzenden gewählt. Kux heute amüsiert: "Eine Stimme davon war meine eigene." In den Siebzigerjahren zählte die SPD allein in Germering weit über 200 Mitglieder, heute steht sie im gesamten Stadtgebiet bei 130. "Die Zahl ist rückläufig", teilte Rausch noch mit.

Der neue Vorsitzende Klaus-Peter Müller, von SPD-Insidern "Pit" genannt, bekam alle Stimmen der 33 anwesenden SPD-Mitglieder. Der 57-jährige Bankkaufmann, der 2013 in die SPD eintrat, möchte natürlich auch den Mitgliederschwund stoppen. Die Bank bei der er arbeitet, befindet sich in Abwicklung und wird in einem Jahr geschlossen. Dann hat Müller, der seit 1984 in Germering wohnt, noch mehr Zeit für die Parteiarbeit. Er habe, durch die vergangenen Wahlkämpfe bedingt, viel Organisatorisches in der SPD erlebt. Müller versprach die inhaltliche Arbeit zu intensivieren. "Wir müssen mehr politische Themen diskutieren", stellte er in Aussicht. Tinka Rausch, die bei ihrer Wahl eine Gegenstimme verkraften musste, wirkte erleichtert, in die zweite Reihe zurücktreten zu können: "Ich kann mir keinen besseren Nachfolger als Pit wünschen."

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