Kommentar:Worten müssen Taten folgen

Lippenbekenntnisse des Landkreises zum Thema Gleichstellung genügen nicht

Von Julia Bergmann

Gleichstellung muss selbstverständlich werden. Traurig, dass man solche Forderungen 2016 noch stellen muss. Dass es notwendig ist, zeigen Debatten wie die im Kreisausschuss. Woran es liegt, dass man um das Selbstverständliche noch kämpfen muss? Vielleicht daran, dass Themen wie Gleichstellung für viele noch immer vor allem eines sind: unsexy. Fällt allein der Begriff, tauchen in den Hinterköpfen der Diskutierenden - egal ob männlich oder weiblich - viel zu oft Bilder von lila Latzhosen und Alice Schwarzer auf. Und wenn dabei das Wort Feminismus fällt, kommt in den Köpfen der Hörer auf wundersame Weise nur "Penisneid" oder "Männerhass" an. Das ist lächerlich und muss aufhören. Denn es geht nicht darum, ob Frauen oder Männer besser sind oder ob man dem anderen Geschlecht sämtliche Kompetenzen absprechen muss. Es geht darum, dass jeder Mensch die gleichen Chancen haben muss. Und das nicht nur in der Theorie.

Eine Gleichstellungsbeauftragte zu haben, ist da mit Sicherheit ein guter Anfang. Allein, dass es sie in Fürstenfeldbruck seit 30 Jahren gibt, also mit am längsten in Bayern, zeigt in einem gewissen Maß Fortschrittlichkeit und Offenheit. Es zeigt, dass man sich darüber im Klaren ist, welche Relevanz Gleichstellung in einer modernen Gesellschaft hat. Gesteht man der Gleichstellungsbeauftragten, mit deren langjährigen Existenz man sich gerne schmückt, zur Erledigung ihrer wirklich umfangreichen Aufgaben nur zehn Stunden Arbeitszeit zu, zeigt das aber auch, dass dies nur ein Feigenblatt sein kann. Es zeigt, dass die ganze Offenheit, das Fortschrittliche nur einen einzigen Zweck haben. Nämlich den, in Ausschusssitzungen als Berechtigung dienen zu können, um zu sagen: Der Landkreis ist schon frauenfreundlich und deshalb müssen wir an der Europäischen Charta für Gleichstellung nicht teilnehmen.

Ob das nun in Fürstenfeldbruck tatsächlich so gehandhabt wird, wird sich zeigen, wenn die vertagte Entscheidung wieder auf der Agenda des Gremiums steht. Daran, wie die Entscheidung ausfällt, zeigt sich schließlich auch, ob sich der Landkreis mit der Vorreiterrolle nur gerne schmückt oder ob er seine Verantwortung in letzter Konsequenz auch ernst nimmt. Dafür braucht es manchmal auch den Willen zu einer Selbstverpflichtung. Es reicht nicht, wenn Landrat Thomas Karmasin versichert, er nehme das Thema ernst.

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