Spazierengehen ist wieder in Mode gekommen. Galt ja zuvor als ein bisschen verstaubt. Eher was für die Älteren. Die Übrigen nahmen sich andere, scheinbar spannendere Freizeitbeschäftigungen: Stehpaddeln, Marathonlaufen, im Straßencafé sitzen, nach Mallorca fliegen. In Corona-Zeiten jedoch erlebt das althergebrachte Spazierengehen quasi einen zweiten Frühling. Gerade in diesen Frühlingstagen.
Das ist von Vorteil, wenn sonst nichts erlaubt ist. Der Spaziergang als Bewegung an der frischen Luft hat bekanntlich viele gesundheitlich fördernde Effekte: Stärkt Kreislauf und Immunsystem, stellt Abstand her - und das nicht nur im Corona-Sinne -, sondern auch zu all jenen belastenden Gedanken des gemeinen Alltags, sorgt für Entspannung und Ausgeglichenheit.
Auf jedem Spaziergang gibt es Neues zu entdecken, zumal in der Natur. Je nach Jahreszeit zeigt sie sich in gänzlich unterschiedlichem Kleid. Man muss sich darauf einlassen können, den Blick für Kleinigkeiten schärfen, sich an Details erfreuen. Bisweilen ist es auch notwendig, den Spaziergang mit Wissen anzureichern: Wissen darüber, dass man zum Beispiel in Vogelbrutzeiten nicht gedankenlos eine Wiese quert, dass man den Hund an die Leine nimmt und seinen Abfall mit nach Hause. Das sollten Selbstverständlichkeiten sein, sind sie aber nicht.
Vielleicht trägt das Zurückgeworfensein auf die engere Umgebung dazu bei, das eigene Verhalten zu hinterfragen und anzupassen. Denn Fehlverhalten ist meist gar keine böse Absicht, sondern geschieht häufig nur aus Unwissenheit. So könnte diese lästige und nicht enden wollende Pandemie dazu beitragen, den Wert von Natur und unmittelbarer Umgebung genießen zu lernen. Den eigenen Landkreis neu zu entdecken. Vielleicht bleibt davon ein wenig Wertschätzung übrig für Zeiten, in denen dann wieder mehr Mallorca angesagt ist.