Kommentar:Urlaub in Suburbia

Der Landkreis hat einige schöne Ecken wie Fürstenfeld, Amper oder Jexhof. Da sich der vorstädtische Charakter verstärken wird, leben wir in einer Ansammlung von Siedlungen, Gewerbegebieten und Umgehungsstraße. Das reicht für eine Stippvisite, aber nicht für eine mehrtägige Sommerfrische

Von Peter Bierl

Fürstenfeldbruck kann auf eine lange Geschichte des Tourismus zurückblicken. Mit der Eisenbahn kamen die ersten Gäste, Familien, Privatiers und Maler, um die Ruhe und die Luft zu genießen. Der Markt Bruck setzte die Fake News von der Heilkraft des verdreckten Amperwassers in die Welt, um gestresste Städter anzulocken. Etwas ähnlich Sagenhaftes müsste dem Tourismusmanager im Landratsamt heute einfallen. Fürstenfeldbruck hat keine Seen, Berge oder Schlösser, keine attraktiven Innenstädte mit alter oder moderner herausragender Architektur. Als Urlaubsgebiet ist der Landkreis einfach nicht attraktiv, und die Vorstellung, es genüge eine Plattform im Internet, auf der alle Hotels und Pensionen vertreten sind, um das zu ändern, ist nur lächerlich.

Es gibt keine eierlegende Wollmilchsau, aber Politiker tun immer wieder so, als könnten sie welche züchten: Der Landkreis als Agenda-21-Musterlandkreis, als Pionier der Energiewende, als Tourismusmagnet und als Wirtschaftswachstumsregion mit immer mehr Einwohnern, das alles geht nicht zusammen. Einschlägige Aktivitäten bremsen sich gegenseitig aus, so sie nicht Alibifunktion haben. Das Geld für Planer, Manager und aufgeblasene Expertisen mag man als Konjunkturprogramm verbuchen. Mehr als ein paar Geschäftsreisende zusätzlich herzulotsen, denen die Umgebung egal ist, wird nicht drin sein.

Der vorstädtische Charakter des Landkreises wird sich in den nächsten Jahren verstärken und sich in den ländlichen Norden und Westen ausdehnen. Wir leben in Suburbia, einer Ansammlung von Siedlungen, Gewerbegebieten, Baumärkten und Umgehungsstraßen. Klar, es bleiben ein paar schöne Ecken wie Kloster Fürstenfeld, die Wallfahrtskirche in Grafrath, die Amper in einigen Abschnitten, der Jexhof und die Furthmühle. Dazwischen wird man irgendwann Landschaftsparks anlegen. Sicher kann man noch ein paar Stellplätze für Wohnwagen einrichten. Das alles reicht für einen Ausflug, für eine Stippvisite, aber nicht für eine mehrtägige oder gar mehrwöchige Sommerfrische.

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