Kommentar:Solidarisches Handeln ist gefragt

Die Lebensbedingungen für die Bewohner der Brucker Flüchtlingsmassenunterkunft zu verbessern, ist gut, ändert aber nichts am Grundproblem: deren Perspektivlosigkeit

Von Peter Bierl

Steter Tropfen höhlt den Stein. Die Demonstrationen der Flüchtlinge, die Kritik der ehrenamtlichen und professionellen Helfer, die Warnungen der Kommunalpolitiker scheinen gefruchtet zu haben. Die Regierung versucht, das Leben für Flüchtlinge in der Brucker Dependance des Anker-Zentrums etwas zu verbessern. Eine besondere Sprechstunde für Schwangere und Wöchnerinnen, Kinderbetreuung, neue Waschmaschinen und Trockner, demnächst soll ein Sozialpädagoge kommen.

Allerdings wird damit wohl allenfalls ein bisschen ausgeglichen, dass die Zahl der ehrenamtlichen Helfer im Laufe der Jahre gesunken ist. Auch die Sozialberatung müsste personell weiter ausgebaut werden. Ob mehr Sicherheitspersonal und ein spezielles Deeskalationsteam Wirkung zeigen, bleibt abzuwarten. Der Münchner Flüchtlingsrat beklagt jedenfalls ein mangelhaftes Sicherheitskonzept für Frauen in der Einrichtung, viele würden sich am Abend nicht auf die Gänge trauen, Duschen und Toiletten seien nicht von innen abschließbar. Auch stünde es um das Verhältnis von Flüchtlingen und Sicherheitsleuten nicht zum besten.

Die Behörden verwalten strukturelle Probleme, die Politiker erst schaffen. Es ist falsch, Hunderte von Menschen über viele Monate, bei einigen sind es Jahre, in einer solchen Unterkunft unterzubringen. Sie dürfen keine geregelte Arbeit annehmen, Geld verdienen und zu ihrem Unterhalt beitragen. Stattdessen sucht die Regierung nach Möglichkeiten für Flüchtlinge, sich im alten Kasernengelände sportlich und handwerklich zu betätigen. Externe Firmen sollen Kurse anbieten als Beschäftigungstherapie.

Die besondere Perspektivlosigkeit der Nigerianer, die das Gros der Bewohner in Bruck stellen, Ärger und Verzweiflung über Abschiebungen, sind das Resultat der berüchtigten Dublin-Abkommen. Denn damit haben deutsche Politiker, die von europäischer Solidarität schwafeln, die Verantwortung auf EU-Staaten mit Außengrenzen, vor allem Italien und Griechenland, abgewälzt. Daran ändern wird sich nur etwas, wenn sehr viel mehr Bürger solidarisch und aktiv handeln und die Flüchtlinge und Asylhelfer in ihrem zähen alltäglichen Kampf um ein besseres Leben unterstützen.

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