Kommentar:Scheitern am eigenen Anspruch

Das Ende des Brucker Schlachthofes steht für weit mehr als nur das Ende eines Wirtschaftsunternehmens

Von Gerhard Eisenkolb

Nach der Einstellung des Schlachthofbetriebs nach wenigen Krisentagen stellt sich die gleiche Grundsatzfrage, die Verbraucher, Organisationen wie Brucker Land, Selbstvermarkter, Metzger und Kommunalpolitiker Ende der Neunzigerjahre kontrovers und engagiert diskutiert und zurecht bejaht haben. Braucht ein Gemeinwesen wie ein Landkreis eine solche Einrichtung? Und wenn ja, in welcher Form soll sie von wem geführt werden. Umso trauriger stimmt nun das überraschende Scheitern einer großartigen Idee. Das Ende steht für weit mehr als nur für das Ende eines Wirtschaftsunternehmens.

Es geht um ein regionales Gegenkonzept zur Globalisierung und industrialisierten Landwirtschaft. Lebensnotwendig war und ist eine solche Einrichtung für einen Landkreis wie den Brucker sicher nie gewesen. Verbindet man mit ihr jedoch über Mindestanforderungen hinausgehende Standards für Lebensmittel, dann wird sie plötzlich unverzichtbar. Dass der Schlachthof ganz in diesem Sinne der Gründer wirkte, zeigte der mit der Aufnahme des Betriebs einsetzende Boom der Selbstvermarkter. Genau das, nämlich höhere Standards als die üblichen, forderten und versprachen die Befürworter. Es ging darum, nicht nur eine Möglichkeit zum Schlachten zu haben, sondern diesen grausamen Akt mit ethischen Anforderung zu verbinden. Also mit einem verantwortungsvolleren Umgang mit Tieren von der Aufzucht bis zur Tötung. Und damit letztlich bessere Lebensmittel und vielleicht auch ein besseres Gewissen zu bekommen. Da es immer noch, wie vor 20 Jahren, Billigfleisch aus Massentierhaltung im Überfluss gibt, sollte der von Landwirtschaftsminister Reinhold Bocklet über ein als Lex Fürstenfeldbruck bezeichnetes Förderprogramm mitfinanzierte Schlachthof hierzu einen Kontrapunkt setzen.

Insofern treffen die Vorwürfe der Tierschützer den Betrieb in seinem Selbstverständnis, also im Kern. Schlimmer hätte es nicht kommen können. Bewahrheiten sich die Vorwürfe, sind die Verantwortlichen nicht an Kritikern von außen gescheitert, sondern daran, dass sie ihre eigenen Ansprüche verrieten. Auch das stimmt traurig. Um nun die wichtige Idee zu retten, hat der Schlachthof eine zweite Chance verdient. Allerdings mit einer neuen Mannschaft.

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