Kommentar:Raubbau an der Natur

Warum der Bürgerentscheid das geplante Gewerbegebiet in Mttelstetten stoppen sollte

Von Manfred Amann

Wenn man von der Bundesstraße 2 kommend, durch die sanfte, von der Natur modellierte, grüne Hügellandschaft nach Mittelstetten fährt, wird einem ob der Schönheit dieser Gegend wohlig um die Seele. Kaum zu glauben, dass diese über Jahrtausende gewachsene Kulturlandschaft unwiederbringlich wirtschaftlichen Interessen geopfert werden soll. Alle aktuellen Aufrufe und Aktivitäten gegen den Flächenfraß scheinen bei einigen Ortspolitikern in Mittelstetten noch nicht so richtig angekommen zu sein. Statt sich für die Bewahrung ihrer Heimat einzusetzen, haben sie sich einem unsäglichen Raubbau an der Natur verschrieben.

Und weil auf der grünen Wiese ein Gewerbegebiet kaum genehmigt würde, hat man sich sogar einen besonderen "Kniff" einfallen lassen, der einen weiteren Eingriff in die Naturlandschaft oben draufsetzt. Um das "Anbindegebot" für Gewerbegebiete zu erfüllen, soll als Lückenfüller ein Neubaugebiet entstehen, so dass die gewünschte Gewerbefläche am Ortsrand zu liegen kommt. Kaum zu erwarten, dass aus dem Landratsamt hierfür zustimmende Signale kommen. Wohlwollend könnte man nun denken, umsichtige Politiker würden mit Blick in die Zukunft zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollen: Gewerbeansiedlung und Schaffung von Wohnraum. Sicherlich gibt es für Wohnraum auch in Mittelstetten Bedarf, aber braucht man dazu ein neues Baugebiet oder ließe sich die Nachfrage nicht auch durch Innenverdichtung befriedigen?

Die Kernfrage aber ist, braucht der mit etwa 1700 Einwohnern relativ kleine Ort ein so großes Gewerbegebiet, um fit für die Zukunft zu werden? Sicherlich nicht. Auch wenn angeblich drei ortsansässige Firmen Erweiterungswünsche haben, wäre die Ausweisung unverhältnismäßig und nicht im Sinne einer moderaten Ortsentwicklung. Wer sich derart an der Naturlandschaft vergreifen will, braucht vor allem eine hieb- und stichfeste Begründung dafür, dass es anders nicht geht. Und die ist man bislang schuldig geblieben. Das Argument, mit der Ansiedlung von Gewerbe ein zweites finanzielles Standbein etablieren zu wollen, zählt schon deshalb nicht, weil die Einnahmen vom jeweiligen Erfolg der Betriebe abhängen und daher stets höchst unsicher sind. Überdies führen zugezogene Betriebe oft ein Jahrzehnt und länger keine Steuer ab, weil sie wegen der Abschreibung auf Investitionen nur geringe Gewinne ausweisen. Und Betriebe, die im Ort ihren Standort verlagern, würden über einen längeren Zeitraum auch kaum noch Steuer zahlen, so dass die Einnahmen für die Gemeinde über Jahre sogar geringer werden. Bleibt nur zu hoffen, dass die Bürger die Planung stoppen.

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