Kommentar:Politik hat eigene Gesetze

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Alexa Zierl geht es wie vielen Quereinsteigern in der Politik. Sie fremdelt mit den Regeln des politischen Betriebs und zieht die Konsequenzen

Von Stefan Salger

Nur selten machen Seiteneinsteiger eine politische Karriere. Denn es dauert seine Zeit, bis man in Hinterzimmern genügend Kreide gefressen, Kompromisse geschlossen und Netzwerke geknüpft hat - die klassische Ochsentour eben. Ginge es nur um Sachverstand, dann gäbe es mehr Leute in Spitzenpositionen wie die erfolgreiche Erziehungswissenschaftlerin Rita Süssmuth. Dann wäre Ex-Bundesverfassungsrichter und "Steuervereinfacher" Paul Kirchhof Finanzminister geworden. Helle Köpfe wie die Grünen-Politiker Oswald Metzger oder Boris Palmer bleiben kleine Lichter oder werfen das Handtuch, weil sie bei den Grünen als egomane Quasselstrippen gelten.

Alexa Zierl macht nun ähnliche Erfahrungen. Der promovierten Ingenieurin gelang 2014 als Quereinsteigerin der Sprung in den Stadtrat. Regelmäßig meldet sich die Ex-Vorsitzende von Ziel 21 in den Gremien zu Wort - deutlich häufiger als die Grünen-Fraktionskollegen. Zudem ist sie in den Foren der sozialen Medien omnipräsent. Immer gerade heraus, fundiert, aber eben auch detailverliebt. Das kann nerven. Vor allem, wenn die Chemie in der Fraktion nicht stimmt und Vorschläge nicht mit dieser abgestimmt sind. Fraktion und Ortsverband haben die Suche nach einem OB-Kandidaten genutzt, um Zierl einen Dämpfer zu verpassen - statt in bester basisdemokratischer Manier den Mitgliedern die Entscheidung zu überlassen.

Zierl begrenzt den Schaden, indem sie die Grünen noch vor dem Beginn des Wahlkampfs verlässt. Sie zahlt dafür einen Preis: Ohne Fraktion verliert sie Sitz und Stimmrecht in den Fachausschüssen und damit Einflussmöglichkeit. Dass sich die Ausschussgemeinschaft ziert, die Kollegin aufzunehmen, kommt wenig überraschend. Nur bei zwei Zugängen würde sie einen zusätzlichen Sitz in den Fachausschüssen gewinnen.

Beobachter mutmaßen, dass es einen solchen zweiten Aspiranten geben könnte - ebenfalls ein Quereinstieger: Florian Weber, der wegen seines Beitritts zur Satirepartei "Die Partei" bei BBV-Chef Klaus Quinten in Ungnade gefallen ist. Weber trat Ende 2015 aus der BBV aus, gehört aber noch deren Fraktion an.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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