Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Mangelndes Verständnis

Wohnmobilisten müssen auch weiterhin einen Bogen um Eichenau machen. Die Entscheidung gegen Stellplätze ist ein Fehler

Von Erich C. Setzwein

Wohnmobilisten müssen auch weiterhin einen Bogen um Eichenau machen. Denn auch ein halbes Jahr nach einem Antrag der CSU-Gemeinderatsfraktion und einer aufwendigen Prüfung durch die Verwaltung hat sich keine Mehrheit dafür gefunden, wenigstens zwei Stellplätze für Durchreisende zur Übernachtung auf Gemeindegebiet zur Verfügung zu stellen. Das ist insofern bitter, als die Zahl derer, die mit einem rollenden Ferienhaus unterwegs sein wollen, in der Pandemie immens gestiegen ist, und die Ziele, zu denen die Wohnmobile reisen, oft dort liegen, wo man bislang keinen Tourismus kannte. In Eichenau zum Beispiel. Es hat nun auch keinen Sinn mehr, die Eichenauer auf diesen kapitalen Fehler hinzuweisen, den sie da gemacht haben. Wohl aber ist die Frage zu stellen, warum das, was woanders ganz gut zu klappen scheint, ausgerechnet in Eichenau keine Mehrheit findet.

Es war in der Vergangenheit stets von Müll die Rede, die durchziehende Autocamper liegen gelassen hätten. Mag sein, dass das einmal passiert ist. Das ist freilich nicht schön, deutet aber auf zu wenige öffentliche Mülleimer hin. Vielleicht ist es auch die Urangst der Siedlungsbewohner vor fahrendem Volk. Mag sein, dass der eine oder andere schon mal von einem dieser Achtmeterschiffe zugeparkt worden ist. Natürlich kann auch Ignoranz zur Ablehnung geführt haben. Aber immerhin fast die Hälfte im Gemeinderat hat sich dem Gedanken geöffnet, wenigstens für zwei Wohnmobile "Transitparkplätze" anzubieten. Wenn es solche Stellplätze gibt - ob mit oder ohne Strom- und Wasseranschluss - verbreitet sich das in der Wohnmobil-Szene rasanter als ihre Fahrzeuge unterwegs sein können. Schnell wird es in eine App aufgenommen, und die Stellplätze sind jeden Tag mit anderen Fahrzeugen belegt.

Zugegeben, Wohnmobilisten machen keine Großeinkäufe, sie bezahlen ihre Standgebühr, die meist unter zehn Euro pro Nacht beträgt, schauen sich ein bisserl um - und reisen wieder ab mit dem Gefühl, gut bedient worden zu sein. Doch dazu sind Gastgeberqualitäten von Nöten und das Verständnis für Menschen, die Entdeckungstouren in Orte machen wollen, in die sonst keine Touristen strömen.

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Quelle:
SZ vom 19.04.2021
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