Kommentar:Kein Patentrezept

Für kleine Gemeinden im Westen ist es besser, Wohnungen weiter eigenständig zu planen

Von Manfred Amann

Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum! Dieser von allen politischen Gruppierungen und insbesondere der Landeshauptstadt mantrahaft vorgetragenen Forderung ist nichts entgegenzusetzen. Und es gibt auch keinen Zweifel, dass in kommunaler Gemeinschaft effektiver gearbeitet werden kann und vielleicht auch mehr preisgünstige Mietwohnungen geschaffen werden können. Also wäre es offensichtlich schon angebracht, dass sich alle Landkreis-Kommunen einbringen, um einen großen Wurf zu landen. Doch trotz aller Solidaritätswünsche sollte man nicht übersehen, dass jede Kommune eine eigene Entwicklungsvorstellung hat. Dies gilt besonders für die Kommunen im Westen des Landkreises, denn große Mietshäuser können dort aus gestalterischer Sicht nur in begrenztem Umfang entstehen, während das Ortsbild der großen Ostgemeinden durch Wohnblöcke kaum wesentlich beeinträchtigt wird. Grafrath ist umgeben von Naturschutzgebieten, und die einzige Möglichkeit, Mehrfamilienhäuser zu bauen, wäre, mit der evangelischen Kirche eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Doch da gibt es bislang laut Bürgermeister Markus Kennerknecht nichts Schriftliches. Ähnliches Bild beim Nachbarn Moorenweis, der den Beitritt zur interkommunalen Wohnungsbaugesellschaft ebenfalls ablehnt: Mehrere kleine Dörfer, in denen Wohnblöcke sicher keinen Platz haben und der Hauptort, der seine ländliche Struktur nicht opfern will. Deshalb will man die Planungshoheit nicht einmal teilweise aus der eigenen Hand geben.

Moorenweis hat zudem keinen S-Bahn-Anschluss, und so lange es in Grafrath keine bessere S4- und Busanbindung gibt, wäre es angesichts des Klimawandels nicht sinnvoll, durch preiswerte Wohnungen neue Pendlerströme zu initiieren. Grafrath tut gut daran, sich die Einlage von 10 000 Euro als Startkapital zu sparen und sich nicht einbinden zu lassen in eine rechtsverbindliche Organisation, bei der sie später nolens volens mitzahlen müsste, obwohl kaum jemals ein Grafrather in den Genuss einer verbilligten Wohnung kommen dürfte. Zudem ist anzunehmen, dass die Gemeinde für ihren Bereich schneller günstigen Wohnraum schaffen kann, als eine Wohnbaugesellschaft dies vermag.

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