Kommentar:Erstaunlicher Eiertanz

Der Auftritt von Edgar Gärtner in Puchheim zeigt, dass Teile der CSU mit dem Umweltschutz wenig anfangen können

Von Peter Bierl

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Sie gilt auch für abstruse Thesen, etwa die Vorstellung, es gebe überhaupt keinen von Menschen verursachten Klimawandel oder die Erde sei eine Scheibe. Selbst diese Ansicht wird ja rund 500 Jahre nach der ersten Weltumseglung noch von ein paar Obskuranten eifrig vertreten. Der Puchheimer CSU wird es so schnell also nicht an illustren Büttenrednern mangeln.

Man muss wegen der Auftritte sogenannter Klimaskeptiker wie Edgar Gärtner nicht argwöhnen, die Schwarzen wollten den Braunen die Kernkompetenz bei Verschwörungstheorien streitig machen. Es gab und gibt in der Union eine originäre Fraktion, die Umweltschutz nicht einmal für Sonntagsreden nutzen mag. Bloß hatten solche Leute unter der Regentschaft der vermeintlichen Klimakanzlerin bislang wenig zu sagen. Sie mussten nach Fukushima sogar schlucken, dass ihnen aus taktischen Gründen noch die Atomkraftwerke genommen wurden.

Bedenklich ist allerdings, dass sich im Agenda-21-Musterlandkreis aus den Reihen der CSU kein Widerspruch regte, sondern erst hinterher, zahm, vorsichtig und bloß auf Nachfrage. Ramona Weiß, die als ambitioniertes Nachwuchstalent gehandelt wird, vollführt einen ziemlichen Eiertanz. Einerseits schiebt sie die Verantwortung für den Auftritt auf den Vorsitzenden des CSU-Ortsverbands ab, dessen Stellvertreterin sie immerhin ist, andererseits müsste man von der stellvertretenden Vorsitzenden des Energiewende-Vereins Ziel 21 erwarten, dass sie unaufgefordert klar dagegen hält.

Nächste Woche können sich die Umweltpolitiker in der Kreis-CSU rehabilitieren und Klaus Ermecke argumentativ zerpflücken, der in Puchheim gastiert. Der Mann bestreitet den Treibhauseffekt rundweg und behauptet, die Erwärmung oder Abkühlung der Erde hänge davon ab, wie lange und oft der Himmel blau ist. Seit dem Jahr 2000 sei es stärker bewölkt und darum kälter geworden. Für weitere Veranstaltungen kann man der Puchheimer CSU nur einen Ausflug zur Wetterstation auf dem Hohenpeißenberg empfehlen, um Empirie zu schnuppern. Oder Angela Merkel einzuladen, die Nachhilfe in Sachen Physik erteilen könnte.

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