Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Die Sparkasse klotzt

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Die Regionalbank weitet bei Pilotprojekt ihren Öffnungszeiten auf den Abend und Samstage aus. Ob der Trick mit dem besseren Angebot verfängt, bleibt abzuwarten

Von Karl-Wilhelm Götte

Da merkt der Bankkunde auf. Privatbanken wie die Hypo-Bank, die Commerzbank oder die Deutsche Bank bauen ihr Filialnetz ab, weil Geschäftsstellen unrentabel sind. Nur noch wenige Kunden kommen in die Bank, die Mehrheit erledigt ihre Bankgeschäfte online. Viele Bankmitarbeiter verlieren ihre Stelle oder werden sie deshalb noch verlieren. Die Sparkasse Fürstenfeldbruck lässt dagegen aufhorchen, sie weitet ihre Schalterzeiten aus. Nach dem Motto "Wir wollen ein Zeichen setzen" wird geklotzt und nicht gekleckert.

50 Stunden Schalteröffnungszeiten, wie jetzt in den Germeringer Einkaufspassagen (GEP) gab es in der Geschichte der Sparkasse noch nie. Bisher war dort in der Regel um 16 Uhr Schluss, jetzt stehen die Angestellten von Montag bis Freitag bis 19 Uhr am Schalter. Die Sensation ist jedoch die Samstagsöffnung der Sparkasse in den GEP. In den Sechzigerjahren haben die Gewerkschaften den freien Samstag mit der Parole erkämpft: "Am Samstag gehört der Papi mir." Davon ist keine Rede mehr. Nebenan wird in den Supermärkten und Geschäften außer sonntags jeden Tag bis 20 Uhr gearbeitet, ebenso in der Apotheke. Doch Samstagsarbeit ist im Einzelhandel schon immer üblich gewesen. Jetzt hängt sich die Sparkasse am Samstag mit fünf Stunden dran. Die Mitarbeiter machen das laut Personalrat klaglos mit. Es wird, wie in einem Industriebetrieb, Schicht gearbeitet in der Sparkasse. Ein Jahr soll in Germering getestet werden, ob sich die Ausweitung der Schalterzeiten lohnt. Der erste Augenschein in der GEP-Zweigstelle lässt zweifeln. Nur vereinzelt stehen Kunden abends am Schalter. Das verwundert nicht, hat doch die Bank am Eingang eine Batterie von Automaten aufgestellt, die geradezu dazu nötigen, die Geschäfte ohne Schalterpersonal abzuwickeln.

Natürlich sind derart revolutionäre Schalteröffnungszeiten in Zeiten von Nullkommanull-Habenzinsen nur ein Mittel zum Zweck. Hinten, in den Separees, sollen geschulte Mitarbeiter, Kunden beraten, diverse Anlagen- und Kreditgeschäfte abschließen und das Geld verdienen. Das geschah auch bisher schon außerhalb der Öffnungszeiten, doch die Resonanz war mäßig gewesen. Ob der Trick mit der Ausweitung verfängt, bleibt abzuwarten.

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Quelle:
SZ vom 06.11.2015
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