Manche Städte Italiens wurden im Mittelalter von Bürgermeistern regiert, die von anderswo kamen. Nach Ablauf der Amtszeit durfte der königlich bezahlte Podestà die Kommune nicht verlassen. Er stand ein paar Jahre unter Luxusarrest. Traten jedoch Folgeschäden auf, musste er den Kopf hinhalten - manchmal buchstäblich. Ein fantastisches System. Heute sind Politiker längst nicht mehr greifbar, haben auf einträglichere Posten gewechselt oder genießen eine schöne Pension. Bauen Unternehmer Mist, melden sie Konkurs an oder der Staat springt ein, die Manager kassieren weiter Boni und die Anteilseigner ihre Dividenden. Weder die einen noch die anderen löffeln die Suppen aus, die sie anrichten.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Puchheimer Bürger Angst vor der Geothermie haben. Sie verteufeln diese Technik nicht, aber sie wollen nicht das Restrisiko tragen. Dieses mag noch so gering sein, aber wenn etwas passiert, müssten sie einen langen teuren Rechtsstreit mit ungewissen Ausgang führen und hätten allenfalls Zugriff auf das Vermögen einer GmbH, so diese sich nicht verflüchtigt hat. Der Einwand, es ginge ums große Ganze, eine umweltfreundlichere Energieversorgung, ist irreführend: Keiner weiß, ob Geothermie am Ende wirklich so toll ist, wie jetzt behauptet wird, und diesem Projekt liegt wie den Sorgen der Hausbesitzer ein Privatinteresse zugrunde, die Gewinnerwartung von Investoren. Dass das Geothermie-Projekt in Puchheim seit 13 Jahren auf der Stelle tritt, liegt daran, dass eben deren Renditeerwartungen nicht erfüllt wurden.
Die Puchheimer haben einen guten Hebel: Sie können Druck machen, bis hin zum Bürgerentscheid, weil die Stadt den Claim hält und viel Geld investieren will. Der Bürgermeister müsste Garantien und Sicherheiten anbieten,was er nicht wirklich kann. Vielleicht markiert der Protest das Ende des Projekts in Puchheim und in einem Dominoeffekt auch gleich in Germering.