Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Besser Öko-Arbeit als Arrest

Warum es sinnvoll ist, das Gerichtejunge Leute zu besonderen Maßnahmen verdonnern können

Von Ariane Lindenbach

Die Nachricht ist erfreulich: Die Jugend von heute ist nicht krimineller oder gewalttätiger als die vor zehn Jahren. Die Statistik belegt, dass die Anzahl von Straftaten, die junge Menschen begehen, tendenziell sinkt - auch wenn Berichte von gewalttätigen Raubüberfällen oder sich ins Koma saufenden Heranwachsenden bisweilen einen anderen Eindruck entstehen lassen. Was allerdings den Verantwortlichen an Gerichten, im Jugendamt oder bei dem Fürstenfeldbrucker Resozialisierungsverein Sprint auffällt, ist die Zunahme von psychischen Problemen einerseits und die Häufung von Problemlagen in einigen Familien, oft ebenfalls in Verbindung mit einer psychischen Erkrankung.

Umso wichtiger und richtiger ist es, dass der Gesetzgeber für Jugendliche und Heranwachsende bis zu ihrem vollendeten 21. Lebensjahr ein eigenes Strafrecht geschaffen hat. Anders als im Erwachsenenstrafrecht steht hier nicht die Strafe im Vordergrund, sondern der Erziehungsgedanke. Das Jugendstrafrecht vertraut sozusagen darauf, dass aus den jungen Menschen mit dem notwendigen Schubs in die richtige Richtung doch noch gesetzestreue Erwachsene werden. Hierfür gibt es ganz allgemein eine Palette an Bestrafungsmöglichkeiten wie gemeinnützige Arbeit oder der Besuch eines Anti-Aggressions-Trainings.

Dass diese Möglichkeiten im Landkreis um Strafen wie das Öko-Wochenende oder die Leseweisung erweitert worden sind, ist das Verdienst von Sprint, von einer guten Vernetzung der verschiedenen Akteure vom Jugendgericht bis zum Jugendamt sowie von deren Engagement und Motivation. Kritiker mögen einwenden, dass Projekte wie das Öko-Wochenende nur unnötig Geld kosten, ohne bei den jungen Menschen etwas Positives zu bewirken. Aber das sind unrichtige Argumente, wie Studien und Befragungen immer wieder zeigen: Pädagogisch wertvolle Strafen helfen eben schon gegen eine Wiederholung und die Manifestation von kriminellem Verhalten. Deshalb ist ein eigenes Strafrecht für junge Menschen äußerst sinnvoll.

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Quelle:
SZ vom 19.09.2020
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