Kommentar:Besser als die eigene Partei

Die Wahlanalyse zeigt, dass Kandidaten, die im Landkreis präsent sind, vom Wähler belohnt werden

Von Christian Hufnagel

Die Bundestagswahl mag am vergangenen Sonntag zwar das eine oder andere deprimierende Ergebnis hervorgebracht haben. Für die politische Kultur hat sie indes auch positive Aspekte gezeitigt. Diese fangen bei der Wahlbeteiligung an. 82,74 Prozent sind ein Spitzenwert, der zeigt, wie sehr die Landkreisbürger die allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen beschäftigen und wie sie mit ihrer Stimmabgabe ihre aktive Anteilnahme dokumentiert haben. Das ist umso überraschender, weil der Wahlkampf ein derartig großes Interesse nicht erwarten ließ, so mau besucht waren zum Großteil die Veranstaltungen gewesen. Dabei hatten sich die Kandidaten wirklich alle Mühe gegeben, mit neuen qualitätvollen Formaten wie öffentlichen Fachgesprächen (SPD), themenspezifischen Podien (CSU) oder gleich einem Infomarkt (Grüne) Interesse zu wecken. Angenommen wurde das Angebot eher schlecht, sodass man fürchten musste, dass sich nach dem Wahltag wieder das Lamento über die Politikverdrossenheit erheben wird.

Auf der anderen Seite erspart das Ergebnis auch den Kandidaten die übliche Verdrossenheit, sie erreichten die Bürger nicht mehr. Im Gegenteil: Die sogenannte personalisierte Verhältniswahl hat auch ihren ersten Bestandteil an diesem Sonntag wieder zur Geltung gebracht, heißt: Der Direktkandidat kann bei dieser Abstimmung doch was erreichen und ist nicht nur von der allgemeinen Stimmung abhängig. Dazu muss man die Zahlen allerdings genauer ansehen. Denn vordergründig hat sich das Mandat zwar wieder einfach automatisch innerhalb der CSU weitervererbt, doch hat Katrin Staffler durch ihre Persönlichkeit ihrer Partei noch dramatischere Verluste erspart: Ihr Erststimmenergebnis lag in allen Landkreisgemeinden zum Teil deutlich über dem der Zweitstimmen. Und in ihrer Heimatgemeinde Türkenfeld schnitt sie am besten ab. Ähnliches gilt für ihren SPD-Kontrahenten, bei dem sich offensichtlich auszahlte, dass er sich etwa als Kreisvorsitzender und Kreisrat seiner Partei einen Namen gemacht hat. Michael Schrodi war überall im Landkreis besser als seine Partei, in seinem Wohnort Olching schaffte er sein zweitbestes Ergebnis.

Andersherum muss sich die wiedergewählte Bundestagsabgeordnete der Grünen fragen, ob sie in der abgelaufenen Legislaturperiode im Landkreis genügend präsent war. Denn Walter-Rosenheimer musste sich bis auf Egenhofen in jeder Gemeinde mit einem persönlich schlechteren Ergebnis als das der Zweitstimmen begnügen. So erging es auch den Direktkandidaten der FDP und AfD, obgleich sie beide zum zweiten Mal angetreten waren. Damit hat diese Persönlichkeitswahl auch unter den Gewinnern eine vielleicht lehrreiche Erkenntnis hinterlassen: Als Politiker kann man sehr wohl die Menschen erreichen, aber nicht, wenn man vorrangig die wenigen Wahlkampfwochen dazu nutzt.

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