Kommentar:Beschämend und unsinnig

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Warum es sowohl ökologischer wie auch ökonomischer Unsinn ist, dass der Landkreis des Landschaftspflegeverband seit Jahren kurz hält

von Ingrid Hügenell

Man muss lange suchen, bis man im Haushalt für den Landkreis einen Posten findet, der etwa dem entspricht, was der Landkreis dem Landschaftspflegeverband zuschießt. 66 000 Euro bekommt der Verband bisher jährlich, um wichtige Lebensräume zu pflegen und zu erhalten - ungefähr so viel, wie für 2019 für die Betreuung der Beschäftigten und für Dienstjubiläen vorgesehen waren. Der Betriebsausflug war mit 24 000 Euro veranschlagt. Der Beitrag für die Landschaftspflege ist, um es deutlich zu sagen, lächerlich gering.

Anders ausgedrückt: 287 Millionen Euro will der Landkreis dieses Jahr ausgeben. Die 66 000 Euro sind nur 0,23 Promille der gesamten Ausgaben. Als Beitrag für die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen. Wer mag sich da noch wundern, dass das Artensterben auch im Landkreis nahezu ungebremst voranschreitet? Dabei sind die Auswirkungen der ökologischen Katastrophe jedes Jahr deutlicher zu spüren, auch zwischen Germering und Grafrath. So eng ist das finanzielle Korsett des Verbands, dass Landwirte für Landschaftspflegemaßnahmen nicht sofort bezahlt werden können, sondern sich vertrösten lassen müssen aufs kommende Jahr. Seit 30 Jahren sind die Landkreismittel kaum gestiegen. Andere Landkreise im Umkreis geben erheblich mehr aus.

Dass dem Landkreis dieser Bereich so wenig wert ist, ist nicht nur beschämend. Es ist auch unklug. Denn es ist ja nicht einfach nur hübsch, wenn es funktionierende Feuchtgebiete mit einem großen Artenreichtum gibt. Es ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz - Moore nehmen viel Kohlendioxid auf und speichern es. Die Biodiversität bildet ein großes Netz, jede Art kann man sich wie einen Knoten vorstellen. Dieses Netz hält auch uns Menschen am Leben. Je mehr Arten und damit Knoten verschwinden, um so instabiler wird das Netz, bis es irgendwann womöglich nicht mehr trägt.

Auch ökonomisch betrachtet wären höhere Mittel vorteilhaft. Denn für jeden Euro, den der Landkreis ausgibt, fließt das Dreieinhalbfache wieder hierher zurück. Das Geld kommt direkt Naturschutzverbänden, vor allem aber Landwirten zugute, die auf Einnahmen aus Pflegemaßnahmen oft angewiesen sind. Den Landschaftspflegeverband so drastisch unterzufinanzieren, ist also sowohl ökologisch wie ökonomisch unsinnig. Selbst eine Verdreifachung des Zuschusses würde den Kreishaushalt kaum aus dem Gleichgewicht bringen. Dem Landschaftspflegeverband aber würde sie die Mittel für mehr Personal und mehr Maßnahmen an die Hand geben. Mit relativ wenig Geld könnte enorm viel erreicht werden.

© SZ vom 26.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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