Kommentar:Augenwischerei statt Ausgleich

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Wie widersinnig das Konzept des ökologischen Ausgleich ist, lässt sich aktuell an der alten Bahntrasse zwischen Olching und Emmering sehen. Da wird ein Biotop abgeholt für einen Magerrasen

Von Peter Bierl

Für Bauwerke aller Art müssen ökologische Ausgleichsflächen nachgewiesen werden. Dabei kann es für eine versiegelte Fläche keinen echten Ausgleich geben, die Erde lässt sich ja nicht einfach um ein Stück vergrößern. Das Ganze ist Selbsttäuschung, wenn nicht Lug und Trug. Das Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie hat deshalb schon vor Jahrzehnten geraten, bereits verbrauchte Flächen zu recyceln.

Wie widersinnig das Konzept des ökologischen Ausgleich ist, lässt sich aktuell im Landkreis an der alten Bahntrasse zwischen Olching und Emmering sehen. Die Trasse ist seit Jahrzehnten aufgelassen, die Gleise längst demontiert. Zwischen dem kleinen Olchinger See und der Straße von Olching nach Gröbenzell ragt noch der Bahndamm in die Höhe, auf dem in all den Jahren ein Biotop entstanden ist, ein mit Bäumen und Sträuchern dicht bewaldeter Streifen, ein Zuhause für viele Tiere.

Auf einem Abschnitt von 50 Metern soll nun ein Magerrasen angelegt werden, als ökologische Ausgleichsfläche. Diese Fläche wird künftig sogar gepflegt werden müssen, weil sie sonst kein Magerrasen bliebe, sondern bald wieder so aussähe wie der Rest des Dammes. Mit anderen Worten: Die Bahn AG hat Flora und Fauna auf dieser Fläche zerstört, um mit einigem Aufwand eine andere Flora und Fauna anzusiedeln. Dem Unternehmen ist kein Vorwurf zu machen, es tut bloß, was das Gesetz den Bauherren befiehlt.

Schimpf und Schande vielmehr über jene Politiker, die solche Gesetze machen. Das kleine Beispiel zeigt wie so viele andere auch, dass Klima- und Umweltschutz für Wahlkampfreden und Aktionismus taugen, aber Artensterben und Flächenverbrauch immer weiter fortschreiten. Statt zweifelhafte Ausgleichsflächen anzulegen, wäre auf Flächenrecycling zu beharren und abzuwägen, wie viel Wald, Äcker und Wiesen noch geopfert werden sollen. Dabei lässt sich das Problem nicht auf kommunaler Ebene lösen. Dem Flächenverbrauch und Siedlungsdruck um München stehen Regionen etwa in Nordbayern gegenüber, die veröden, weil Menschen wegziehen, die dort keine Arbeit finden.

© SZ vom 14.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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