Mitten in Fürstenfeldbruck:Rhetorik versus Akustik

Mitten in Fürstenfeldbruck: Historisches Haus: Das Amtsgericht in Fürstenfeldbruck

Historisches Haus: Das Amtsgericht in Fürstenfeldbruck

(Foto: Voxbrunner Carmen)

Im Fürstenfeldbrucker Amtsgericht nützen einem selbst punktgenau gewählte Formulierungen bisweilen nichts, weil sie einfach verhallen. Da können Verteidiger und Staatsanwälte schon mal zu Synchronschwimmern werden.

Kolumne von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Dass Sprache der Verständigung und dem Austausch von Informationen dient, hat sich längst herumgesprochen. Die Rhetorik, als Redekunst von den Griechen der Antike erfunden, dient gewissermaßen ihrer Veredelung. Ein guter Rhetoriker war nach antiken Maßstäben ein Redner, der nicht nur die Worte kunstvoll aneinander zu reihen verstand, sondern auch sein Gegenüber von seiner Meinung zu überzeugen. Da lag es schon damals nahe, dass begnadete Rhetoriker häufig in Gerichtssälen - quasi ihren Talentschmieden - zu finden waren. Denn Verteidigung wie Anklage wollen bis in die Jetztzeit vor allem eines: das hohe Gericht vom eigenen Standpunkt - schuldig oder nicht schuldig - zu überzeugen.

Allerdings setzt eine funktionierende Rhetorik voraus, dass das Gesprochene auch Gehör findet. Und da befinden wir uns nun im Amtsgericht Fürstenfeldbruck. Schon vor Corona waren die dortigen Sitzungssäle unter Juristen weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt für ihre schlechte Akustik. Die Decken im Anbau aus den mutmaßlich frühen Achtzigerjahren weisen einen abenteuerlichen architektonischen Kniff auf, der sich allerdings äußerst ungünstig darauf auswirkt, wie die Sätze von Angeklagten, Zeugen, Richter und Rechtsanwalt auf den dichten Klangteppich hallen, gewoben aus der klackernden Tastatur der Protokollführerin. Mit dem Ergebnis, dass sie nur schwer zu verstehen sind. Mit der Pandemie sind nun noch Masken dazu gekommen. Und Plexiglasscheiben um die Prozessbeteiligten herum. Und zwei Luftreinigungsgeräte, die allerdings nicht in Betrieb sind, vermutlich weil sie zu laut sind und die Verständigung praktisch unmöglich machen würden.

Unlängst kam es bei einer Verhandlung wegen sprachlicher Schwierigkeiten zu weiteren Verständigungsproblemen. Dabei hatte der Richter dem Zeugen ohnehin schon erlaubt, zum Sprechen die Maske abzunehmen. Und das ehemals ganz offene hintere Fenster war nur noch gekippt. Doch der Zeuge nuschelt in gebrochenem Deutsch. Staatsanwalt und Verteidiger, links und rechts des Zeugen situiert, beugen sich zunächst immer weiter nach vorne in seine Richtung, die Bewegungen synchron wie beim Wasserballett. Schließlich schiebt der Staatsanwalt seine Plexiglasscheibe beiseite, der Verteidiger tut es ihm gleich. Selten herrscht unter den beiden vor Gericht solche Einigkeit. Ganz ohne Worte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: