Klassik:Ein Abend wie in einer Wohlfühloase

Klassik: Die Pianistin Sa Chen übernimmt von Anfang an die Führung des musikalischen Geschehens. Das Hungarian Chamber Orchestra hält sich im Hintergrund.

Die Pianistin Sa Chen übernimmt von Anfang an die Führung des musikalischen Geschehens. Das Hungarian Chamber Orchestra hält sich im Hintergrund.

(Foto: Günther Reger)

Die Pianistin Sa Chen und das Hungarian Chamber Orchestra lassen in Germering ein zufriedenes Publikum zurück.

Von Klaus Mohr, Germering

Es gibt Konzerte, die sind sozusagen gefahrlos. Weder die Besetzung lässt Überraschungen erwarten noch das Programm, das angekündigt wird. Ein Abend verspricht so wie in einer Wohlfühloase zu werden, entführt die Zuhörer für zwei Stunden in eine andere Welt und entlässt sie dann mit einem angenehmen Gefühl. So ein Konzert fand im Rahmen der Klassik-Reihe der Stadthalle Germering im Orlandosaal statt. Zu hören waren das Hungarian Chamber Orchestra, das ohne Dirigenten musizierte, sowie die Pianistin Sa Chen als Solistin. Werke von Johann Sebastian Bach, Johann Michael Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Béla Bartók repräsentierten die Zeit vom Barock bis zur klassischen Moderne.

Das Streichquintett in C-Dur MH 187 des jüngeren Bruders von Joseph Haydn, Johann Michael Haydn, eröffnete in einer Fassung für Streichorchester den Abend. Streichquintette zeichnen sich gegenüber der häufigeren Gattung des Streichquartetts durch eine größere Klangfülle aus. Das traf auch auf dieses Werk zu, insbesondere auch deshalb, weil die mehrfache Besetzung der einzelnen Stimmen diesen Eindruck noch verstärkte.

Im Eingangssatz (Allegro spirituoso) klappte technisch alles, die Balance stellte sich unter Führung der ersten Violinen routiniert ein. Der Gesamtklang geriet etwas matt, vergleichbar einer belegten Stimme. Dieser Eindruck setzte sich auch im Adagio cantabile fort, verstärkt durch den Einsatz von Dämpfern, wodurch ein leicht nebliger Ton vorherrschend war. Gut gelangen die solistischen Stellen in der Verzahnung der Instrumente, und nahtlos fanden die Musiker anschließend wieder ins Tutti zurück. Das Menuetto überzeugte in seinem schwingenden Charakter, federnd beschloss ein Allegro das Werk.

Das Orchester hält sich im Hintergrund

Die Aufführung von Barockmusik mit modernen Instrumenten ist heute klangästhetisch akzeptiert, wenn die Ideen einer historisch informierten Spielweise berücksichtigt werden. Das Konzert in d-Moll für Klavier, Streicher und Basso continuo BWV 1052 von Johann Sebastian Bach folgte als nächstes Werk. Die Pianistin Sa Chen gestaltete den Kopfsatz (Allegro) mit großem Impetus und übernahm damit von Beginn an kraftvoll die Führung des musikalischen Geschehens, das Orchester hielt sich gestalterisch im Hintergrund.

Dennoch blieb der Klavierton der Pianistin etwas hart, womit das Spiel etwas mechanisch wirkte. Das Bemühen um tragenden Ausdruck prägte das Adagio, dessen Temponahme genau richtig geriet. Dennoch hatte der Ton keine wirkliche Seele, was am Anschlag der Pianistin gelegen haben kann. Doch insgesamt erwies sich das Klangreservoire des Flügels als deutlich eingeschränkt. Die profunde Tiefe blieb weg, die Höhe geriet oft etwas spitz, zudem klirrte das Instrument immer wieder. Eine Überholung und Neuintonation dürften hier unumgänglich sein. Die Leichtigkeit des Final-Allegro kam der Pianistin und in ihrem Gefolge dem Orchester sehr entgegen. Vitalität und Eloquenz spielten sich gegenseitig die Bälle zu.

Einige von Mozarts Klavierkonzerten sind von ihm selbst auch als Kammerversion gedacht gewesen und ermöglichen den Verzicht auf Bläserstimmen. Mozarts Klavierkonzert Nr. 14 in Es-Dur KV 449 gehört zu diesen Werken. Der kammermusikalische Charakter war auch bei der Besetzung mit dem aus 16 Musikern bestehenden Hungarian Chamber Orchestra leitend. In gutem Zusammenspiel ergab sich ein symphonisches Miteinander zwischen Solistin und Orchester, wobei manche Stellen einen etwas behäbigen Anstrich hatten. Am Schluss kehrten die Ungarn nach Ungarn zurück, und zwar mit dem Divertimento für Streicher Sz. 113 von Béla Bartók. Die Zahl der Klangfarben, die dynamische Differenzierung und der Impetus des Musizierens überstrahlten bei weitem das, was bis dahin hinter der Mattheit des Klangs an diesem Abend möglicherweise verborgen gewesen war. Eine Zugabe rundete das Konzert am Ende ab.

Zur SZ-Startseite
Literatur Newsletter Banner

Newsletter abonnieren
:SZ Literatur

Interessante Bücher, dazu Interviews und ausgewählte Debatten-Beiträge aus dem Feuilleton - jeden zweiten Mittwoch in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: