Kirta in Mammendorf:Bis sich die Tische biegen

Kirchweih war früher vor allem ein Fest, bei dem es viel gutes Essen gab. Die Mammendorfer Kirta-Blosn lässt die Tradition aufleben. Auch eine Kirta-Hutschn erfreut die vielen Besucher

Von Manfred Amann

Am 3. Oktobersonntag wird seit 151 Jahren in allen bayerischen Pfarreien Kirchweih gefeiert. Im Volksmund hat sich die Bezeichnung "Kirta" oder "Kiewa" verfestigt, ein Tag oder mehrere, an denen vor allem auf dem Land das weltliche Fest im Vordergrund stand. "A richtiger Kirta dauert bis zum Irta (Dienstag), und wenn sies's tuat schicka, a bis zum Migga", lautet ein Erinnerungsspruch. Ganz so lang hat die Mammendorfer Kirta am Wochenende nicht gedauert. Doch am Samstag und Sonntag wurde kräftig gefeiert und darauf geachtet, dass alte Bräuche nicht verloren gehen.

"Es ist uns wichtig, daran zu erinnern, wie es früher auf dem Dorf an Kirta zugegangen ist", sagt Georg Mayer, Gründer der "Kirta-Blosn", die das Fest seit 25 Jahren ausrichtet. Damals sei ein Förderverein für die Kirche Sankt Nikolaus gegründet worden, der aber keine Möglichkeit gesehen habe, ein Kirchweihfest auszurichten. "Da habe ich es mit neun Freunden ins Leben gerufen", sagt Mayer. Er freut sich über den erneut großen Erfolg. "Der Aufwand hat sich wieder gelohnt", stellte er zufrieden fest. Weit über 200 Feiergäste sind am Samstag auf den Färberhof von Josef Mayer gekommen und am Sonntag noch viel mehr, um sich bei schönem Herbstwetter kulinarisch verwöhnen zu lassen.

Kirchweih Mammendorf

Kutschfahrten gehören zum Programm des Kirta ebenso wie Musik.

(Foto: Günther Reger)

Vitus Zauser hatte erstmals Kaspressknödel vorbereitet, 600 Knödel warteten zu Schweinsbraten auf die hungrigen Gäste und Georg Mayer hatte 80 Zenterling Geräuchertes vorbereitet. Zenterling bezeichnet ein Stück Geräuchertes, das allerdings keinen Zentner mehr wiegt. "Essen und Trinken müssen passen", erklärte Simon Zauser. An Kirta dürfe kräftig zugelangt werden. Früher habe es nur "alle heiligen Zeiten" Fleisch gegeben und auch sonst seien die Speisen nicht gerade üppig gewesen. Da hätten sich die Bauern zum Kirchweihfest nicht lumpen lassen und aufgetragen "was Stall, Garten und Felder hergaben". Schweinernes gekocht und gebraten gab es, ebenso knusprige Kirtagänse und Enten und vor allem in Schmalz gebackene Köstlichkeiten, "dass sich der Tisch bog", sehr zur Freude der Knechte und Mägde.

Dazu wurden Bier und Wein aufgetragen, so dass für machen das Fest in einem kräftigen Rauch geendet haben soll. In Mammendorf kam nach altem Brauch unter anderem die beliebte "Noll", geflochtene Schmalznudeln nach dem Rezept der Färberbäuerin auf den Tisch. Kurzweilig war am Samstag der Auftritt der Kirta-Lumpn. Michael Mayer, Konrad und Josef Heiß sowie Rudi Daubner sangen Gstanzl und alte bayerische Lieder wie das über den Fensterstock-Hiasl, erzählten Witze, boten kabarettistische Einlagen und brillierten mit Eigenkompositionen. Zwischendurch drängten sich Georg Mayer und Simon Zauser als Ministranten mit Klingelbeuteln von Tisch zu Tisch, um Spenden zu sammeln. "Wir lassen die Spenden und den Erlös des Kirchweihfestes immer einer sozialen oder kirchlichen Einrichtung", sagte Zauser, heuer könne sich Pfarrer Wolfgang Huber über die Einnahmen freuen.

Kirchweih Mammendorf

Monika Walch (mit Sohn Samuel) an der Harfe und Michael Mayer an der Zither spielen auf.

(Foto: Günther Reger)

Die beliebte Kirta-Hutschn war am Sonntag der Höhepunkt für Jung und Alt. Der Färberbauer hatte die Schaukel unter dem Stadel-Vordach aufgehängt. Obwohl auf der langen Brettschaukel mehrere Personen Platz haben, man sich anstellen, um dann möglichst bis zu den Balken hochschwingen zu können. Vor 1868 wurde die Kirchweih meist am Patronatstag des Gotteshauses gefeiert, bis dann der dritte Oktobersonntag für alle verbindlich eingeführt wurde. Im Volksmund ist daher von Allerwelts-Kirta die Rede. Der Grund dürfte gewesen sein, dass sich Knechte und Mägde nicht nur im eigenen Dorf, sondern auch an den Kirtatagen in den Nachbarortendem Feiern hingaben und manchmal sogar der Arbeit fernblieben. Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft, als Dienstboten, altbairisch Ehalten, nicht mehr gebraucht wurden, hörten die Kirchweihfeiern allmählich auf. In Mammendorf wird die Kirta-Blosn sie weiterhin organisieren.

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