Süddeutsche Zeitung

Kino:Revival mit einem Klassiker

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Mit der "Rumplhanni" bringt die IG Lichtspielhaus das Kino zurück in den Landkreis, mit dabei ist auch Darstellerin Monika Baumgartner. Bei der ersten Vorführung nach dem Lockdown merkt man den Besuchern die Freude an

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es ist eine gewöhnungsbedürftige Atmosphäre. Der Kinosaal des Brucker Lichtspielhauses, der gerade einmal zu geschätzt einem Fünftel besetzt ist, die Besucher dabei so weit voneinander entfernt wie möglich. Die vielen leeren Sitze sind dabei natürlich nicht das Ergebnis mangelnden Interesses, sondern der aktuellen Coronaregelungen. Eineinhalb Meter Abstand bedeutet, nur jede zweite Reihe darf besetzt werden und darin jeweils nur jeder dritte bis vierte Platz. Personen aus dem gleichen Haushalt dürfen direkt nebeneinandersitzen - und so finden sich immer wieder Zweier- und Dreiergruppen. Es ist quasi die Vorpremiere zur regulären Wiedereröffnung. Die IG Lichtspielhaus zeigt am Dienstagabend "Die Rumplhanni" nach einem Buch von Lena Christ, deren Todestag sich an diesem 30. Juni zum 100. Mal jährt. Und so gibt dieser Abend einen Eindruck davon, wie das Kinoerlebnis in den kommenden Wochen sein wird.

Trotz der Verhältnisse sieht man den Besuchern die Freude darüber an, endlich überhaupt wieder einmal im Kino sitzen zu dürfen. Das mag auch daran liegen, dass die Darstellerin der Rumplhanni, die Gröbenzellerin Monika Baumgartner, persönlich zu der Vorführung des Films aus dem Jahr 1981 erschienen ist. Gut gelaunt sitzt sie vor Vorstellungsbeginn auf ihrem Platz und filmt mit dem Smartphone die Einführung von Elisabeth Lang.

Die Brucker Lektorin und Autorin gibt seit mehreren Jahren einen Kalender mit bedeutenden Frauen aus dem Landkreis heraus. Im Jahr 2018 hat sie sich dafür auch mit Lena Christ beschäftigt, die im Jahr 1911 für einige Monate in der Kreisstadt gelebt hatte - damit ist sie für die Moderation des Abends quasi prädestiniert. In ihrer Einführung gibt sie einen kurzen Einblick in das tragische Leben Christs, die als eine der bedeutendsten bayerischen Autorinnen des frühen 20. Jahrhunderts gilt.

Von der Mutter erst verstoßen und später immer wieder gequält, flüchtet sie sich in ein rastloses Leben, das mit ihrem Suizid endet. Mit einer Dosis Zyankali entzieht sie sich einem drohenden Prozess. Aus Geldnot hatte sie wertlose Gemälde mit den gefälschten Unterschriften bekannter Künstler signiert. Die einzige Konstante in ihrem Leben war das Schreiben, in ihren Werken gibt sie einen einfühlsamen Einblick in die Welt der ärmlichen Landbevölkerung, der Dienstboten und Bauern.

In diesem bäuerlichen Milieu spielt auch die Rumplhanni. Als Dienstmagd steht sie ganz unten und versucht mit allen Mitteln, zur Bauersfrau aufzusteigen. Im ersten Teil des Films, der am Dienstag gezeigt wird, scheitert sie mit ihrem rücksichtslosen Plan, es bleibt ihr nur die Flucht in die Stadt.

Eine Figur, von der Baumgartner sofort fasziniert war. Dass sie die Rolle bekommen hat, war ein großer Zufall. Sie habe die Rumplhanni privat gelesen und gedacht, das müsste man doch mal verfilmen, erzählt sie nach der Vorführung. Davon habe sie einem Bekannten erzählt. Der wiederum meinte, dass der Regisseur Rainer Wolffhardt gerade genau daran arbeite. Mit ihm hat Baumgartner bereits zusammengearbeitet. "Also bin ich zu ihm hingefahren und habe geklingelt und gefragt, ob er fünf Minuten Zeit hat", erinnert sich Baumgartner. Daraus wurde dann eine Stunde, an deren Ende sie die Rolle hatte - obwohl eigentlich bereits eine andere Schauspielerin dafür eingeplant gewesen war. "Ich bin auch nach 40 Jahren noch glücklich, dass ich die Hanni spielen durfte", sagt die Gröbenzellerin. Für sie war es der Durchbruch, es folgten zahlreiche Anfragen für weitere Film- und Serienrollen. Aktuell steht sie in Österreich für eine neue Folge des Bergdoktors vor der Kamera, in dem sie bereits seit der ersten Folge dabei ist.

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Quelle:
SZ vom 03.07.2020
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