Kinderbetreuung in Germering:Den Teufelskreis durchbrechen

Stärken fördern, Defizite verringern: Der Bedarf an integrativen Hortplätzen für verhaltensauffällige Kinder in Germering steigt.

Petra Fröschl

Die Nachfrage nach integrativen Hortplätzen für verhaltensauffällige Kinder ist in Germering ungebrochen: Neben 16 Plätzen im Hort an der Kirchenstraße stehen im Kinderhaus Abenteuerland fünf weitere zur Verfügung, in denen in erster Linie Buben im Grundschulalter betreut werden. Laut Constanze Poguntke, Leiterin des Hortes an der Kirchenstraße, stehen derzeit noch drei Kinder auf der Warteliste, zudem treten immer wieder Eltern an sie heran. Poguntke stellte die Einrichtung und deren Konzept kürzlich im Sozialausschuss vor.

Spielwaren

Spielhöhle und Experimentierecke: Im Germeringer Hort warten viele Beschäftigungsmöglichkeiten auf die Kinder.

(Foto: dpa)

Wie die Expertin den Stadträten erklärte, wird der Hort in erster Linie von Kindern besucht, die Entwicklungsverzögerungen in verschiedenen Bereichen haben. Einige seien bereits beim Kinder- und Jugendpsychiater gewesen und kämen mit einer bestimmten Diagnose, andere nicht. Körperbehinderte Kinder werden in dem Hort bislang nicht betreut, möglich wäre das aber. Auch Mädchen gibt es momentan keine. Sie gehen in der Regel anders mit Konflikten um.

Poguntke und ihr Team setzen bei ihrer Arbeit auf ein ganzheitliches, teiloffenes Konzept: "Im Vordergrund stehen die Kompetenzen, nicht die Defizite", betonte sie. Es gibt zwar eine starre Gruppe, doch darin können sich die Kinder, die auf verschiedene Grundschulen in Germering gehen, frei bewegen. Im Hort stehen etliche Räume, wie ein Computercafé, eine Spielhöhle oder eine Experimente-Ecke, zum Zeitvertreib zur Verfügung.

Ein wichtiger Bestandteil der Betreuung ist auch die heilpädagogische Spiel- und Übungsbehandlung (HSÜ), von den Kindern kurz "Spielstunde" genannt: Zweimal pro Woche à 45 Minuten befasst sich die Heilpädagogin Sigrun Hermann dabei intensiv mit den Kindern. "Das Spiel ist ein ganz starkes Ausdrucksmedium", sagte sie.

Welche Erfolge mit der HSÜ erzielt werden können, schilderte Hermann am Beispiel eines neunjährigen Jungen, den sie Max nannte: Der Viertklässler sei 2008 mit großen Aufmerksamkeitsschwierigkeiten, Problemen im Sozialverhalten und geringem Selbstwertgefühl in den Hort gekommen. Oft verhielt er sich anderen Kindern gegenüber aggressiv, was Hermann als "Hilfeschrei" deutete.

Zugleich hatte der Bub - wie generell immer mehr Kinder - einen hohen Anspruch an sich selbst, den er nicht erfüllen konnte, wodurch ein Teufelskreis entstand. Das Hortteam versuchte, seine Stärken zu fördern und dadurch die Defizite auszugleichen, denn Max war begeisterungsfähig, phantasievoll und mitfühlend. In enger Zusammenarbeit mit Mutter und Lehrern lernte er Strategien, um Konflikte zu lösen. Dadurch bekam er langsam mehr Selbstvertrauen.

Der Höhepunkt war schließlich, als Max zum Gruppensprecher gewählt wurde. "Wir erzielen gute Erfolge", betonte Poguntke. Ziel sei es, die Kinder bei der Teilnahme am sozialen Leben zu unterstützen. "Und Verschiedenheit soll bei uns als normal angesehen werden", unterstrich die Leiterin.

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